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Diabetes mellitus (Zuckererkrankung)

Therapie

Die Behandlung eines Typ-1-Diabetes muss unbedingt sofort nach der Diagnosestellung durch den Arzt beginnen, um eine rapide Verschlechterung des Stoffwechsels zu verhindern. Oft ist bei schwerer Erkrankung zu Beginn der Therapie ein stationärer Aufenthalt in einem spezialisierten Diabetes-Zentrum angezeigt. Die Behandlung umfasst neben der herkömmlichen Therapie eine altersgerechte Schulung sowie eine psychologische Betreuung der ganzen Familie. Wichtig ist es, gemeinsam mit dem Kind und seiner Familie einen individuellen Therapie- und Verhaltensplan zu erarbeiten.

Ziel der Behandlung ist eine normale körperliche Entwicklung hinsichtlich Längenwachstum, Gewichtszunahme und Pubertätsbeginn sowie eine dem Alter entsprechende physische und psychische Leistungsfähigkeit. Hierfür ist eine Einstellung auf normale Werte des Blutzuckers sehr wichtig. Die Behandlung des Typ-1-Diabetes verlangt das Ersetzen des fehlenden Insulins (Insulinsubstitution).

Insulinarten

Kinder und Jugendliche erhalten Humaninsulin mit unterschiedlicher Wirkdauer (kurz: Normalinsulin, mittellang/lang: Basalinsulin, Verzögerungsinsulin).

Daneben werden zunehmend auch gentechnisch hergestellte Insulin-ähnliche (Insulinanaloga) Medikamente eingesetzt. Ihre Wirkung tritt schneller oder stärker verzögert als Humaninsulin ein, sodass sie für den Patienten flexibler handhabbar sind.

So genannte Kombinationsinsuline, d.h. fertige Mischungen aus Normal- und Verzögerungsinsulin, werden hingegen kaum noch verwendet.

Konventionelle Insulintherapie

Der Tagesbedarf an Insulin wird bei der herkömmlichen Insulintherapie mit zwei, maximal drei Injektionen aus frei gemischtem Normal- und Verzögerungsinsulin zugeführt. Die Nahrungsmengen- und -zeiten sind starr festgelegt. Diese Form der Therapie gehört zunehmend der Vergangenheit an und wird durch folgende Behandlungsform ersetzt.

Intensivierte Insulintherapie

Sie ist inzwischen Behandlungsstandard bei Diabetes-Typ-1-Kindern.

Die intensivierte Insulintherapie nach dem Basis-Bolus-Konzept besteht aus dem nahrungsunabhängigen Grundbedarf (Basalinsulin, meist als Langzeitinsulin) und der zusätzlich notwendigen Insulinmenge (Bolus-Insulin als schnellwirkendes Normalinsulin oder kurz wirksames Insulinanalogon), die vor dem Essen gespritzt werden muss.

Zur Berechnung der notwendigen Insulinmenge dienen der aktuelle Blutzuckerwert sowie die vorgesehene Nahrungsmenge unter Berücksichtigung der geplanten körperlichen Aktivität. Die intensivierte Behandlung führt zu einer besseren Einstellung des Blutzuckers, ist für den Patienten aber aufwendiger, weil er den Blutzucker etwa vier- bis fünfmal täglich messen und entsprechend häufig Insulin spritzen muss.

Die Therapieform bedarf guter Schulung und erfordert einige Wochen Übung, bis sich das Verfahren eingespielt hat.

Insulinpumpentherapie

Eine weitere Form der Insulin-Behandlung – das Basis-Bolus-Konzept nachahmend - besteht in der Einpflanzung einer kleinen Pumpe unter die Haut, welche die jeweils benötigte Grund-Insulinmenge automatisch in das Blut abgibt. Alternativ wird die Pumpe am Körper getragen, das Insulin gelangt über einen kleinen Schlauch (Katheter) in den Körper.

Wie bei der intensivierten Insulintherapie muss vor jeder Mahlzeit der Blutzuckerspiegel gemessen und die auf Knopfdruck zusätzlich abzugebende Menge unter Berücksichtigung der Nahrung und eventueller Sportstunden (Unterzuckerungsgefahr!) berechnet werden.

Geeignet ist die Therapieform beispielsweise bei Kindern bis zum Vorschulalter, Leistungssportlern, Kindern mit einer Nadelphobie, häufiger bzw. nächtlicher Unterzuckerung oder Blutzuckeranstieg in den frühen Morgenstunden (Dawn-Phänomen).

Die Therapie der Zukunft könnte in der Weiterentwicklung der Insulinpumpen als eine Art künstliche Bauchspeicheldrüse liegen. Hierbei werden die aktuellen Blutzuckerwerte automatisch direkt an die Insulinpumpe übermittelt, die mit entsprechender Insulinausschüttung reagiert.

Schulungen und Ernährungsberatung (Typ-1- und Typ-2 Diabetes)

Schon zu Beginn der Erkrankung muss eine “Diabetikerschulung” erfolgen, die spätestens alle zwei Jahre oder bei neuen Lebensabschnitten (Einschulung, Umschulung usw.) aufgefrischt werden sollte. Hier werden alle notwendigen Informationen über die Erkrankung - altersentsprechend angepasst - vermittelt, die eigenständige tägliche Insulinbehandlung geübt.

Betroffene und Angehörige lernen neben Sofortmaßnahmen bei Unterzuckerung Wichtiges zur idealen Diabetiker-Ernährung – auch beim Sport und auf Reisen.

Die Ernährungsberatung umfasst z.B. den „Umgang“ mit den Kohlenhydrateinheiten (KHE), Stärkung gesunder Ernährungsweise, Vorbeugung von Übergewicht und Essstörungen, Anstreben eines Normalgewichts, Verteilung und Häufigkeit der Mahlzeiten. Bei Heranwachsenden wird außerdem auf die Gefahren von Alkohol- und Nikotinkonsum im Zusammenhang mit einem Diabetes aufmerksam gemacht. Psychosoziale Aspekte (ständige Behandlungsdisziplin, eingeschränkte Autonomie, Angst vor Unterzuckerungen, Schule, Sportverein, Partnerschaft, Berufswahl etc.) durch die Dauerbelastung einer chronischen Krankheit dürfen in den Schulungen nicht zu kurz kommen.

Ernährung (Typ-1- und Typ-2-Diabetes)

Die Ernährung bei einem Diabetes sollte vielseitig und ausgewogen sein. Grundsätzlich können alle Nahrungsmittel gegessen werden, wobei auf ein ungefähres Verhältnis von 55% Kohlenhydraten, 30% Fett und 15% Eiweiß zu achten ist. Diabetiker-Produkte sowie Rohr- und Traubenzucker sollten im Normalfall vermieden werden.

Die wesentlichen Auswirkungen auf den Alltag bestehen in der Notwendigkeit, Nahrungsmittelmenge und -zusammensetzung (Kohlenhydrate) genau zu kontrollieren und die Diabetes-Medikamente daran anzupassen. Hierzu wird die Nahrung in Kohlenhydrateinheiten (KHE) umgerechnet. Dabei enthält 1 KHE ca. 10 g Kohlenhydrate oder 40 kcal. Der Zuckergehalt der einzelnen Nahrungsmittel kann in so genannten „Austauschtabellen“ nachgelesen werden.

Die tägliche Nahrungsaufnahme muss auf drei Haupt- und drei bis vier Zwischenmahlzeiten verteilt werden.

Bewegung und Sport (Typ-1- und Typ-2-Diabetes)

Bewegung und Sport führen zu erhöhter Wirkung des Insulins im Körper und helfen gleichzeitig das normale Körpergewicht zu erlangen bzw. zu halten. Kinder sollen eine geeignete Sportart finden, die ihnen Spaß macht und Bewegung als natürlichen Bestandteil des Alltags begreifen.

Ein wenig Vorsicht ist allerdings geboten, da Ernährung bzw. Insulindosierung auf die Bewegungseinheiten abgestimmt werden müssen. Anderenfalls droht Unterzuckerung.

Therapie Diabetes Typ 2

Beim Diabetes vom Typ 2 erfolgt die Therapie nach einem Stufenplan. Dabei wird zuerst versucht, den Patienten zu körperlicher Aktivität und einer Gewichtsabnahme anzuhalten. In Verbindung mit einer speziellen Diabetes-Diät wird in vielen Fällen schon dadurch eine Normalisierung des Blutzuckers erreicht.

Lässt sich der Patient nicht motivieren oder fruchten diese Maßnahmen aus anderen Gründen nicht, beginnt die medikamentöse Therapie. Anfänglich werden oral einzunehmende Medikamente (orale Antidiabetika) eingesetzt. Mittel der ersten Wahl ist Metformin, alternativ Sulfonylharnstoffe.
Metformin verbessert die Wirkung des vorhandenen Insulins durch eine Hemmung der körpereigenen Zuckerproduktion und eine Steigerung der Zuckeraufnahme im Muskel- und Fettgewebe.
Sulfonylharnstoffe stimulieren die Insulinfreisetzung aus den Beta-Zellen der Bauchspeicheldrüse unabhängig von der Blutglukosekonzentration. Im Unterschied zu Metformin sind Unterzuckerungen möglich.
Führt die Behandlung mit diesen Präparaten nicht zur Normalisierung der Zuckerwerte, wird Insulin verabreicht.

Weitere Therapiemaßnahmen

Für das weitere Patientenschicksal ist auch die Behandlung eines begleitenden Bluthochdrucks oder einer Fettstoffwechselstörung sowie die Vorbeugung und Behandlung der zahlreichen möglichen Spät- und Folgeschäden wichtig.

Besonders Jugendliche müssen auf eventuelle Essstörungen, Angststörungen oder Depressionen hin beobachtet werden, die einer psychologischen bzw. psychiatrischen Therapie bedürfen.