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Einnässen (Enuresis), Inkontinenz

Was ist Enuresis, Inkontinenz?

Ist ein Kind im Alter von fünf Jahren nachts nicht trocken, sind Eltern oft beunruhigt. Sowohl das nächtliche Bettnässen (Enuresis) als auch die Harninkontinenz am Tage (nicht-organische [funktionelle] Harninkontinenz) kommen jedoch auch bei älteren Kindern häufig vor. Noch etwa 10% der Kinder machen im Alter von sieben Jahren nachts ins Bett. Tagsüber sind in diesem Alter noch bis zu 6% davon betroffen.

Von einer Störung sprechen Expert:innen, wenn die Harninkontinenz bei Kindern ab fünf Jahren im Verlauf von drei Monaten monatlich mindestens einmal auftritt. Vier oder mehr solcher „Vorfälle“ in der Woche werden als häufige (frequente) Enuresis bzw. Harninkontinenz beschrieben. Oft sind Harn- und Stuhlausscheidungsstörungen miteinander kombiniert (Bladder and Bowel Dysfunction: BBD). Eine Verstopfung mit Stuhlabgang findet sich bei bis zu 35% der Kinder mit Harninkontinenz.

Als Erstes erwerben Kinder meist Stuhlkontinenz, dann Harnkontinenz tags und zuletzt bleiben sie nachts trocken.

Etwa im 3. Lebensjahr entwickeln viele Kinder bereits eine verlässliche Blasenkontrolle tagsüber, allerdings gibt es sehr viele individuelle Unterschiede.

Einnässen in der Nacht (Enuresis nocturna)

Von nächtlichem Einnässen bzw. Einnässen während des Schlafs oder Enuresis sprechen Expert:innen, wenn das Kind nach dem 5. Lebensjahr immer noch (primäre Enuresis nocturna) oder auch wieder (sekundäre Enuresis nocturna, nach einer halbjährigen trockenen Phase) öfter nachts ins Bett macht. Zu Enuresis zählt auch, wenn Kinder sich während des Mittagsschlafs einnässen.

Meist entwickelt sich bei den Betroffenen die Blasenkontrolle langsamer als bei anderen Kindern. Das ist überwiegend genetisch bedingt. Nur in seltenen Fällen ist das Bettnässen von über 5-Jährigen ein Hinweis auf eine Störung der Niere oder der Blase. Auch andere körperliche Erkrankungen sind in der Regel nicht für das Bettnässen verantwortlich.

Bettnässen kann familiär gehäuft auftreten und verschiedene Ursachen haben. Generell gilt: Je älter die Kinder werden, desto seltener nässen sie am Tag oder nachts ein. Allerdings sind 0,5-1,7% der Jugendlichen (16-17 Jahre) nachts noch nicht trocken.

Auslöser für Rückfälle (sekundäre Enuresis nocturna) sind oftmals psychosoziale Gründe. Ängste oder Unsicherheiten, die das Kind belasten, können zur Folge haben, dass ein Kind wieder einnässt, nachdem es halbes Jahr oder gar Jahre lang trocken war. Ursache kann auch ein Umzug in eine andere Stadt sein, der Verlust eines Familienmitglieds oder die Geburt eines Geschwisterkindes. Darüber hinaus können Ärger mit anderen Kindern, mit Erzieher(innen) oder Lehrer:innen zu einem Rückfall führen.

Eltern können davon ausgehen, dass Kinder nie absichtlich ins Bett machen - sie schämen sich vielmehr in den meisten Fällen für den Vorfall. Die Lebensqualität von Kindern und Jugendlichen mit Harninkontinenz und deren Eltern im Vergleich zu Gesunden ist deutlich beeinträchtigt, vergleichbar mit chronischen Erkrankungen wie z.B.  Asthma bronchiale oder Diabetes mellitus Typ 1.

Deshalb sollten Eltern ihrem Kind Mut machen und ihm vermitteln, dass sie fest davon überzeugt sind, dass es schon bald nachts (wieder) trocken bleibt.

Eine radikale Flüssigkeitsrestriktion, Vorwürfe und Bestrafung belasten die Kinder zusätzlich und sollten unterbleiben. Das spätabendliche Wecken wird von vielen Eltern praktiziert und führt häufig zu einer vorübergehenden Reduktion von nassen Nächten und zu einer Entspannung der familiären Situation, jedoch nicht zu einer Besserung der Fehlfunktion der Blase. Auch das Einnässen am Tag kann unterschiedliche Gründe haben. Begleitende körperliche Erkrankungen wie Harnwegsinfekte sind in diesen Fällen häufiger als beim Bettnässen eine mögliche Ursache.

Eine Untersuchung bei der Kinder- und Jugendärztin / beim Kinder- und Jugendarzt kann dazu beitragen, die Ursachen für das Einnässen zu ermitteln.

Einnässen am Tag (Harninkontinenz)

Das Einnässen am Tag (Harninkontinenz) kann ganz unterschiedliche Ursachen haben. Einige Formen haben überwiegend genetische Ursachen, während andere auf erworbene Risiken zurückgeführt werden können.

Oftmals leiden Kinder unter einer meist anlagebedingten Dranginkontinenz (überaktive Blase, „overactive bladder“, OAB). Mädchen sind häufiger betroffen als Jungs. In diesen Fällen füllt sich meist die Blase nicht richtig. Die Kinder spüren früh einen Harndrang, müssen häufig auf die Toilette, die Harnmengen sind jedoch eher gering. Dieser Mechanismus wird bei den Betroffenen vom Gehirn nicht ausreichend gehemmt. Diese Kinder leiden häufiger unter Harnwegsinfekten als andere Kinder.

Manche Kinder wollen ihr Spiel nicht unterbrechen und schieben daher den Toilettengang auf. Einige wollen auch die Toilette in bestimmten Situationen nicht aufsuchen. Irgendwann können sie den Urin jedoch nicht mehr halten und entleeren die Blase schließlich ungewollt. Dies nennt man Harninkontinenz bei Miktionsaufschub.

Schließlich öffnet sich bei einigen Kindern der Schließmuskel bei der Blasenentleerung nicht vollständig (Detrusor-Sphinkter-Dyskoordination, DSD; dyskoordinierte Miktion). Die Ursachen sind nicht völlig geklärt. Expert:innen vermuten, dass evtl. verzögerte Reifungsprozesse oder erlerntes Fehlverhalten bei der Blasenentleerung Auslöser sein können.

Zu den selteneren Formen der Harninkontinenz werden die Stressinkontinenz, die Lachinkontinenz und die unteraktive Blase gezählt. Bei der Stressinkontinenz führen Husten und Niesen zu ungewolltem Harnabgang, oder die Bauchmuskulatur wird beim Spielen oder beim Sport so stark angespannt, dass der Druck auf die Blase derart zunimmt, dass sie sich plötzlich entleert. Dagegen löst bei der Lachinkontinenz nur das Lachen eine komplette Blasenentleerung aus. Haben Kinder dagegen eine unteraktive Blase, spüren sie nur selten einen Harndrang. Ihre Blase ist stark ausgeweitet. So kommt es, dass sie beim Toilettengang die Blase nicht vollständig entleeren, wodurch u.U. erhebliche Harnmengen in der Blase zurückbleiben.