Epilepsie
Diagnose
Für die Diagnose sind das Erkennen und die Beurteilung der aufgetretenen Anfälle entscheidende Kriterien. In der Medizin wird streng unterschieden zwischen epileptischen Anfällen und Epilepsien. Epileptische Anfälle sind Krankheitserscheinungen (Symptome), als Epilepsie bezeichnet man die Krankheit bzw. die verschiedenen Syndrome.
Um einen Anfall richtig einordnen und beurteilen zu können, werden verschiedene Untersuchungen durchgeführt. Ein Anfall und seine Vorgeschichte sollten genau beobachtet und protokolliert werden. Dabei muss sich der Arzt häufig auf die Angaben dritter Personen verlassen, die den Anfall miterlebt haben. Ältere Kinder, deren Erinnerung nicht beeinträchtigt ist, können selbst wichtige Auskünfte geben.
Tritt ein Anfall zu Hause auf, sollten die Eltern Ruhe bewahren und auf folgendes achten:
- Gab es einen bestimmten Auslöser für den Anfall (z.B. Wut, Schmerz, einen starken Lichtreiz, Telefonklingeln, Schlafmangel)? Hat das Kind vor dem Anfall Medikamente eingenommen oder Zugang zu Gift (z.B. Alkohol) gehabt? Wurde es berührt, hat es gerade gelesen oder gesprochen?
- Hat das Kind zu Beginn des Anfalls ein Vorgefühl (Aura) beschrieben?
- Trat der Anfall zunächst nur einseitig auf?
- Wie lange dauerte der Anfall? In der Aufregung ist es sinnvoll, eine Uhr für Zeitangaben zu verwenden.
- War das Kind während des Anfalls bei Bewusstsein? Hat es z.B. auf Befehle reagiert („Hebe bitte den rechten Arm!“), oder konnte es sich ein Wort merken, das ihm während des Anfalls gegeben und später abgefragt wurde?
- Wie sah der sonstige Verlauf des Krampfanfalls aus? Welche Bewegungsmuster wurden ausgeführt?
- Trat das Ende des Anfalls plötzlich auf? War das Kind orientierungslos oder fand es sich schnell wieder zurecht?
Videoaufnahmen können hier sehr hilfreich sein.
Darüber hinaus fragt der Kinder- und Jugendarzt nach dem Verlauf von Schwangerschaft und Geburt, nach früheren Erkrankungen, Operationen oder Unfällen sowie familiären Vorbelastungen. Ziel dieser Fragen und der folgenden Untersuchungen ist es auch, festzustellen, ob der epileptische Anfall möglicherweise Folge einer anderen Erkrankung war. So wird das Blut untersucht, um Erkrankungen des Stoffwechsels als Auslöser auszuschließen.
Eine wichtige Untersuchungsmethode ist das Elektroenzephalogramm (EEG). Typisch für eine Epilepsie sind bestimmte Kurvenveränderungen im EEG, die in der Regel auch zwischen den Anfällen nachweisbar sind. Bei einer fokalen Epilepsie, bei der sich der Anfall auf abgegrenzte Bereiche des Gehirns konzentriert, sieht man im EEG hohe und spitze Ausschläge, sogenannte Spikes. Bei einem generalisierten Anfall, bei dem das gesamte Gehirn beeinträchtigt ist, sind sowohl Spikes als auch hohe wellenförmige Ausschläge (Waves) im EEG-Muster zu sehen.
Eine EEG-Ableitung im Schlaf oder während eines ganzen Tages (Langzeit-EEG) sowie nach gezielter Belastung (Schlafentzug, Lichtreize) können die Diagnose erhärten. Unter Umständen werden die Kinder während der Untersuchung auch aufgefordert, kräftig zu atmen. Ferner werden sie möglicherweise Lichtreizen ausgesetzt. Allerdings ist ein EEG trotz Epilepsie nicht immer auffällig.
Liegt die Vermutung nahe, dass die Ursache für die Epilepsie eine Schädigung oder Fehlbildung des Gehirns ist, werden zur Abklärung bildgebende Methoden angewandt. Zu diesen Methoden zählen die Computertomografie und die Kernspintomografie. Dabei müssen die Kinder ganz ruhig liegen. Deshalb erhalten sie möglicherweise eine Narkose oder ein beruhigendes Medikament. In Einzelfällen ist ferner eine Untersuchung des Hirnwassers notwendig. Weitere Untersuchungen richten sich nach Verdacht auf andere Ursachen für die jeweilige Epilepsie.
Neurophysiologische Untersuchungen werden zum Nachweis von Entwicklungsverzögerungen oder Nebenwirkungen von Medikamenten durchgeführt. Dabei werden unter anderem die Sprache, die Gedächtnisleistung, Aufmerksamkeit, Konzentration, Reaktionsgeschwindigkeit, Belastbarkeit, Arbeitsgeschwindigkeit, Wahrnehmung und Vorstellungvermögen durch entsprechende Tests überprüft. Eine Untersuchung durch einen Kinder- und Jugendpsychologen erfolgt, wenn im Krankheitsverlauf Verhaltensauffälligkeiten beschrieben werden.