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Hodenhochstand (Maldescensus testis)

Therapie

Ein Hodenhochstand sollte nach Ablauf des ersten und vor Ende des zweiten Lebenshalbjahres behandelt werden. Denn die Wahrscheinlichkeit, dass derart falsch positionierte Hoden von alleine in den Hodensack absteigen, ist später als sechs Monate nach der Geburt gering. Erfolgt die therapeutische Korrektur der Fehllage erst später, z.B. nach dem zweiten Lebensjahr, steigt das Risiko für eine verminderte Zeugungsfähigkeit und eine bösartige Entartung.

Nach der Leitlinie „Hodenhochstand“ kann zunächst eine Hormontherapie durchgeführt werden, um die Reifung der Hoden und – damit verbunden – ihren Abstieg in den Hodensack zu stimulieren. Die Hormonpräparate (Choriongonadotropin, Gonadotropin-Releasing-Hormon [GnRH]) werden in Form einer Spritze in den Po, als Nasenspray oder als Kombination von Spritze und Nasenspray verabreicht. Die Behandlung mit Hormonen dauert etwa vier Wochen. Auf keinen Fall sollte sie über den ersten Geburtstag hinausgehen. Die Therapie ist allerdings nur in 20% der Fälle erfolgreich. Die skandinavischen Länder, die Schweiz und die USA empfehlen die Hormontherapie nicht. Bei der Abwägung sollte außerdem in Betracht gezogen werden, dass die Behandlung mit Choriongonadotropin eine erhöhte Testosteronproduktion verursacht. Dies führt zu einer verstärken Durchblutung und Vergrößerung der äußeren Geschlechtsteile und eventuell zu einer vermehrten Erektion. Mit einer verfrühten Pubertät ist im Allgemeinen jedoch nicht zu rechnen.

In der Regel wird aktuell die Operation bevorzugt ohne vorhergehende Hormontherapie. Von Seiten der Kinderendokrinologen wird nach der Operation eine Anschlussbehandlung mit Hormon empfohlen, um die möglicherweise bis dato verzögerte Hodenreifung anzuregen.

Ist der Hodenhochstand mit einem Leistenbruch verbunden, ist in der Regel ebenfalls ein chirurgischer Eingriff notwendig. Dies gilt ebenfalls, wenn der Hoden fest im Unterhautfettgewebe der Leiste sitzt. Wird nur ein Rudiment des Hodens im Bauchraum gefunden, sollte dies operativ entfernt werden. Je nach Alter des Kindes und Umfang des Eingriffs kann die Operation ambulant durchgeführt werden. Ziel ist es, dass die Behandlung bis zum Ende des ersten Lebensjahrs abgeschlossen ist.

Beim sekundären Hodenhochstand sinkt der Hoden zwar in etwa 70% der Fälle bis zur Pubertät wieder in den Hodensack zurück und das Risiko für Langzeitschäden ist geringer, dennoch raten Experten hierzulande den Betroffenen vorsichtshalber zu einer frühzeitigen Operation.
Nach einer erfolgreichen Behandlung sollten bis zur Pubertät anfangs vierteljährlich, später jährlich Kontrollen beim Kinder- und Jugendarzt stattfinden, da der Hoden insbesondere nach erfolgreicher Hormonbehandlung bei etwa jedem vierten Jungen erneut aufsteigt. Zudem kann die Lage des Hodens nach erfolgter Operation unzufriedenstellend sein, so dass ein zweiter Eingriff erforderlich ist.

Sind ab der Pubertät nach erfolgreicher Behandlung des Hodenhochstands noch Untersuchungen notwendig?

Jungen, deren Hoden durch eine Operation in den Hodensack verlegt wurde, sollten ab dem 15. Lebensjahr ihren Hoden regelmäßig selbst untersuchen. Im Falle einer schmerzlosen Vergrößerung oder einer Veränderung der Konsistenz sollten sie einen Arzt aufsuchen, da sie als Erwachsene ein etwa drei- bis achtmal höheres Risiko für einen Hodentumor haben als andere Männer.

Wann müssen Gleit- oder Pendelhoden behandelt werden?

Bestehen Zweifel, ob ein behandlungsbedürftiger Gleit- oder ein therapiefreier Pendelhoden vorliegen, kann ein sogenanntes „Lageprotokoll“ weitehelfen. Im Laufe von vier Wochen werden zur gleichen Tageszeit und unter warmer Raumtemperatur bzw. Umgebung die Hoden nach Anleitung kontrolliert.

Ist eine Behandlung erforderlich, wenn kein Hoden angelegt ist oder die Hoden nicht voll entwickelt sind?

Sind beide Hoden nicht voll entwickelt, können sie während einer Operation in den Hodensack verlagert werden. So kann ein Karzinom frühzeitiger erkannt werden. Ist nur einer betroffen, bespricht der behandelnde Kinderchirurg das Vorgehen mit den Eltern. In der Pubertät zeigt sich dann, ob die Hoden Hormone produzieren. 

Führten alle Untersuchungen zu dem Ergebnis, dass beide Hoden nicht angelegt sind (Anorchie), kann es erforderlich sein, die Pubertät mittels Hormontherapie anzustoßen. Die Behandlung wird gegebenenfalls in Absprache mit einem Spezialisten geplant. Die Entscheidung für oder gegen das Einsetzen einer Prothese sollte ebenfalls erst in der Pubertät fallen, damit der Betroffene die Entscheidung mit tragen kann.