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Leistenbruch (Inguinalhernie, lat. Hernia inguinalis)

Was ist ein Leistenbruch?

Ein Leistenbruch (Inguinalhernie, lat. Hernia inguinalis) macht sich in der Regel durch eine Ausbuchtung in der Leiste bemerkbar, insbesondere wenn ein Kind weint, hustet oder steht. Dieser Bruchsack bildet sich, wenn Baucheingeweide wie Dünndarm oder Fettgewebe des Bauchs durch eine Öffnung in die Leistenregion vordringen kann.

Etwa 5% der Kinder ist davon betroffen, insbesondere Jungen und Frühgeborene (7% bis 30%).

Bei Jungen tritt ein Leistenbruch vier- bis achtmal häufiger als bei Mädchen auf. Bei Jungen kann Darm auch in den Hodensack gelangen, bei Mädchen in die Schamlippen.

Ursache

Bei Jungen befinden sich die Hoden zunächst im Bauchraum. Rund um den siebten Monat der Schwangerschaft wandern die Hoden nach unten in den Hodensack durch eine Passage, die Leistenkanal genannt wird. Der Kanal wird vor der Geburt durch das Bauchfell gegenüber dem Bauchraum geschlossen und ist in der Regel bis zum Ende des ersten Lebensjahres vollständig dicht. Wenn dieser Kanal sich nicht vollständig schließt und die Bauchmuskeln diese Öffnung nicht ausreichend abdecken, kann sich ein Bruch entwickeln.  

Ein erhöhtes Risiko für einen Leistenbruch haben:

  • Frühgeborene
  • Kinder mit Familienangehörigen, die einen Leistenbruch als Baby hatten
  • Kinder mit urologischen Problemen (Hodenhochstand).

Vorbeugende Maßnahmen gegen einen Leistenbruch gibt es nicht. Die Öffnung in der Bauchdecke kann von Geburt an vorhanden sein, oder ein Bruch kann sich jederzeit entwickeln. Ein Leistenbruch wird in der Regel schon bei Neugeborenen oder innerhalb des ersten Lebensjahres diagnostiziert. Er kann jedoch auch viele Jahre unbemerkt bleiben.

Symptome & Krankheitsbild

Hernien bilden sich etwas häufiger auf der rechten Seite, aber sie entstehen auch auf der linken Seite. Bei etwa 10-50% der Kinder mit einem Leistenbruch sind beide Seiten betroffen.

Anzeichen für einen Leistenbruch können sein:

  • eine Schwellung oder sichtbare Beule in der Leiste.
  • eine Schwellung im Hodensack/in der Schamlippe.

In der Regel ist die Vorwölbung schmerzlos. Sie kann aber auch einige leichte Beschwerden wie einen leicht ziehenden Schmerz verursachen. Die Oberfläche eine Bruchs ist meist weich und glatt. Wenn das Baby entspannt ist und liegt, kann die Beule zurücktreten und nicht mehr erkennbar sein. Sie kann sich aber auch vergrößern, wenn das Baby weint, hustet oder presst.

Ein Leistenbruch ist häufig beweglich und lässt sich wieder nach innen wegdrücken. Hierbei darf keinerlei Gewalt angewandt werden, und es sollte nur nach Einweisung durch den Kinder- und Jugendarzt erfolgen. Wenn aber ein Teil des Darms eingeklemmt wird und nicht in den Bauchraum zurückkann, besteht die Gefahr, dass die Blutversorgung abgeschnitten wird.

Hier treten stärkere Beschwerden auf. Ein betroffenes Kind kann krank erscheinen, hat Schmerzen in der Leiste, kann unter Übelkeit und Erbrechen, Blähungen und Völlegefühl leiden. Auch Fieber kann sich entwickeln. Die Beule färbt sich rot und verändert sich nicht mehr in ihrer Größe, wenn das Baby weint. Ein eingeklemmter Leistenbruch erfordert immer eine umgehende Behandlung! „Über einen eingeklempten Leistenbruch mit Beschwerden darf die Sonne nicht auf und untergehen“. Also muss eine meist operative Behandlung innerhalb 24 Stunden erfolgen. Selbst ein einfacher Bruch kann Eingeweide einklemmen. Wenn er nicht sofort operiert wird, kann es zu einer lebensbedrohlichen Situation kommen. Es kann sich beispielsweise ein Darmverschluss bilden.

Längerfristig können die Fortpflanzungsorgane geschädigt werden, wenn diese beteiligt sind. So kann durch einen Leistenbruch die Blutzufuhr der Hoden bei Jungen und der Eierstöcke bei Mädchen abgeschnitten werden.

Diagnose

Der Kinder- und Jugendarzt erkennt in der Regel einen Leistenbruch auf der Grundlage der Beschreibung der Eltern und durch das Abtasten der Leiste auf beiden Seiten. Wenn der Bruch zum Zeitpunkt des Praxisbesuchs nicht sichtbar ist, kann der Kinder- und Jugendarzt versuchen, ihn durch leichten Druck auf den Bauch des Kindes erscheinen zu lassen. Mithilfe eines Ultraschalls kann die Diagnose bestätigt werden.

Therapie

In den meisten Fällen ist eine operative Behandlung erforderlich, um zu verhindern, dass Bauchgewebe eingeklemmt wird. Eine Leisten-OP ist ein Routineeingriff.

Wie schnell eine Operation durchgeführt werden sollte, hängt vom Alter des Kindes und der Schwere des Bruchs ab. Je jünger das Kind ist, desto früher sollte der Bruch verschlossen werden. Ein eingeklemmter Bruch muss dringend operiert werden.

Ein chirurgischer Eingriff erfolgt in der Regel unter Vollnarkose, in manchen Fällen auch in Spinal-Narkose. Die Entscheidung, welche Art von Narkose verwendet wird, hängt vom Einzelfall ab. Zur Schmerzlinderung kann auch ein Lokalanästhetikum an der Operationswunde eingesetzt werden. Gesunde ältere Kinder (ab etwa 4 bis 6 Monaten) können evtl. auch ambulant operiert werden und nach einigen Stunden Überwachung mit nachhause genommen werden. Kleinere Kinder bleiben meist sicherheitshalber zur Kontrolle über Nacht im Kinderkrankenhaus.

In den meisten Fällen ist nur ein sehr kleiner Schnitt erforderlich, der später kaum mehr erkennbar sein wird. Auch minimalinvasive Operationsverfahren sind heute möglich. Welches Verfahren sinnvoll ist, muss individuell entschieden werden.

Nach der Operation ist das Baden und Schwimmen einige Zeit nicht möglich. Schulkinder sollten etwa zwei Wochen auf Sport verzichten. Der Kinder- und Jugendarzt bzw. der Kinderchirurg wird Eltern über entsprechende Vorsichtsmaßnahmen informieren.

Adressen & Links

Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie e.V.
Geschäftsstelle: Frau Doris Lorenzen
Langenbeck-Virchow-Haus
Luisenstraße 58/59
10117 Berlin
Telefon: +49 (030) 28 00 - 43 60
Fax: +49 (030) 28 00 - 43 69
E-Mail: info@noSpam.dgkch.de
Internet: www.dgkic.de

Quellen

  • American Academy of Pediatrics: Inguinal Hernia. HealthyChildren.org Last Updated 11/21/2015.
  • Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie: Leistenhernie, Hydrozele. AWMF-Register Nr. 006/030 Klasse: S1. aktueller Stand: 09/2014.
  • Till, H. Welche Vorteile hat die minimal-invasive Leistenhernien-Operation im Kindesalter? Pädiatrie & Pädologie 4, 155 (2015).