Scharlach
Was ist Scharlach?
Scharlach ist unter Kindern im Kindergarten- und Vorschulalter recht verbreitet, aber selbst im Erwachsenenalter ist Scharlach nicht ungewöhnlich. Nur Säuglinge sind meist noch durch die von der Mutter erhaltenen Antikörper vor Ansteckung relativ sicher.
Die Erreger, die Scharlach verursachen, sind Bakterien (Streptokokken). Streptokokken-A-Infektionen gehören weltweit immer noch zu den zehn häufigsten Todesursachen bei Infektionskrankheiten, insbesondere bei Kindern und jungen Erwachsenen.
Die Verbreitung der Krankheit erfolgt durch Tröpfchen – also Niesen, Husten oder Speichel –, andererseits aber auch durch verunreinigte Gegenstände (Hände, Besteck, Spielzeug).
Ursachen
Scharlach wird hervorgerufen durch Bakterien (Streptokokken der Gruppe A), die meist über den Nasen-Rachenraum eindringen. Nur ausnahmsweise treten sie durch Hautwunden ein und verursachen dann den sog. Wundscharlach. Verantwortlich für die krankmachenden Symptome sind giftige Stoffwechselprodukte (Toxine) der Streptokokken. Sie verursachen beispielsweise die Veränderungen an Blutgefäßen in der Haut, die als typisches Scharlach-Exanthem bekannt sind. Es gibt verschiedene Streptokokken-Typen, die jeweils eine Infektion auslösen können, so dass eine Scharlacherkrankung bei einem Menschen durchaus mehrmals auftreten kann.
Symptome & Krankheitsbild
Die ersten Krankheitszeichen treten 2 bis 7 Tage nach der Ansteckung auf. Eine Scharlacherkrankung beginnt plötzlich mit Halsschmerzen, Schluckbeschwerden, geröteten Wangen, Schüttelfrost, Erbrechen, Kopf- und Gliederschmerzen, Abgeschlagenheit und oft hohem Fieber. Häufig klagen die Patienten auch über heftige Bauchschmerzen.
Erst etwas später treten die typischen Haut- und Schleimhautveränderungen auf: Der Rachen färbt sich feuerrot, Mundschleimhaut und Mandeln sind fleckig gefärbt. Die Zunge hat einen weißen Belag, der nach 3 bis 4 Tagen abgestoßen wird. Wegen der entzündeten und angeschwollenen Geschmackspapillen sieht die Zunge dann himbeerartig aus (“Himbeerzunge”).
Zwischen dem 2. und 4. Tag erscheint auch der feinfleckige, samtartige Scharlach-Ausschlag (Exanthem). Die hirsekorn- bis stecknadelkopfgroßen roten Flecken beginnen meist in der Leistengegend und an den Innenseiten der Oberschenkel und breiten sich dann über den gesamten Körper aus, nur das Mund-Kinn-Dreieck bleibt ausgespart. Der leicht erhabene, samtartig aussehende Ausschlag juckt nicht. Er unterscheidet sich in der Regel deutlich von den Ausschlägen bei Masern oder Röteln . Er verblasst unter dem Druck eines Holzspatels vorübergehend. Bei wiederholter Ansteckung kann der Ausschlag auch fehlen! Nach ein bis drei Wochen verblasst der Ausschlag endgültig und die Haut kann sich schälen. Besonders deutlich sind die Hautschuppen an den Handinnenflächen und den Fußsohlen.
Auswirkungen
Im Allgemeinen verläuft die Erkrankung bei entsprechender Behandlung ohne Komplikationen. Sie kann jedoch neben der stark eitrigen Mandelentzündung auch von einer eitriger Mittelohrentzündung begleitet sein, die bei Nichtbehandlung der Grunderkrankung zur Schwerhörigkeit führen kann.
Mögliche Spätkomplikation sind das Rheumatische Fieber sowie eine Herzinnenhautentzündung und eine Nierenerkrankung. Deshalb untersucht der Arzt bei entsprechendem Verdacht nach dem Abklingen der Scharlach-Erkrankung die Nieren- und Herzfunktion. Durch eine Untersuchung des Urins kann eine Nierenkörperchenentzündung (Glomerulonephritis) festgestellt werden.
Selten, aber gefährlich ist der septische Verlauf des Scharlachs, eine bösartige, eventuell sogar tödliche Verlaufsform mit plötzlich hohem Fieber, Erbrechen, Durchfall, Haut-Schleimhaut-Blutungen, Bewusstseinstrübung, schwerer Herzschädigung und Schock.
Diagnose
Der Arzt kann die klinische Diagnose anhand des charakteristischen Ausschlags und des typischen Krankheitsbildes stellen. Ein Abstrich aus dem Rachen dient zum exakten Nachweis des Erregers. Es gibt Schnelltests, mit denen man innerhalb weniger Minuten weiß, ob Streptokokken die Ursache der Erkrankung sind. Außerdem kann man die Bakterien im Labor anzüchten.
Therapie
Wegen der Gefahr von Folgeerkrankungen an Ohren, Gelenken, Herz und Nieren sollte bei einem Verdacht auf Scharlach immer ein Arzt hinzugezogen werden! Die Behandlung erfolgt üblicherweise mit Antibiotika. Unter den zur Verfügung stehenden Antibiotika wird bei Scharlach in der Regel ein Penicillin oder ein Cephalosporin gegeben, da diese gegen die Scharlacherreger besonders gut wirksam sind. Alternativ kann auch das Antibiotikum Erythromycin gegeben werden. Kinder erhalten das Antibiotikum meist als Saft.
Neurere Untersuchungen weisen darauf hin, dass Folgeerkrankungen wie rheumatisches Fieber in den Industrienationen nicht mehr so häufig wie früher auftreten, so dass der Kinder- und Jugendarzt entscheidet, ob eine Antibiotikaeinnahme sinnvoll ist. Bei bereits durchgemachten rheumatischem Fieber, anderen Grunderkrankungen oder schwerem Verlauf kann i.d.R. aber nicht darauf verzichtet werden.
Gegen die Halsschmerzen helfen Gurgeln (mit Salbei-, Eibischtee oder desinfizierenden Lösungen) und warme Halswickel. Kühle Getränke oder Eis lindern ebenso. Da einem erkrankten Kind das Schlucken schwerfällt, sollten Eltern ihm weiche oder flüssige Nahrung wie Suppen anbieten. Die Ernährung sollte salz- und eiweißarm sein. Bei Fieber ist es wichtig, viel zu trinken, z.B. mit Honig gesüßter Lindenblütentee. Um die natürliche Darmflora zu unterstützen, die durch die Antibiotikagabe beeinträchtigt wird, ist es empfehlenswert, regelmäßig Joghurt zu essen.
Vorsorge
Eine Impfung gegen Scharlach ist nicht möglich. Auch nach einer mit Antibiotika behandelten überstandenen Infektion kann man sich wiederholt anstecken, auch als Erwachsener.
Scharlachkranke Kinder sollten von anderen ferngehalten werden. Noch gesunde Geschwister von scharlachkranken Kindern sollten erst wieder Schule oder Kindergarten besuchen, wenn es der Arzt erlaubt. Gesunde Streptokokkenträger sind nur selten Krankheitsüberträger. Bei asymptomatischen Kontaktpersonen sind weder mikrobiologische Untersuchungen noch eine Antibiotika-Behandlung indiziert. Ansteckungsgefahr besteht bis zu 24 Stunden nach Beginn einer erfolgreichen Antibiotikabehandlung. Wird auf eine Behandlung mit Antibiotika verzichtet, so darf das Kind erst nach vollsständigem Abklingen der Symptome wieder in eine Gemeinschaftseinrichtung. Ein schriftliches ärztliches Attest ist nicht erforderlich.
Adressen & Links
Nationales Referenzzentrum für Streptokokken
Institut für Medizinische Mikrobiologie der RWTH Aachen
Pauwelsstraße 30
52057 Aachen
Leitung: Dr. rer. nat. Mark van der Linden
Tel.: 02 41.80-89 510, -89 946
Fax: 02 41.80-82 483
E-Mail: webmaster@ streptococcus.de
Homepage: www.streptococcus.de
Quellen
- Hübner, J. u. Jansson, A.: Antibiotika meist überflüssig. Bloß keine Panik mehr beim Scharlach! CME 03, 36 (2013).
- Hübner, J. u. Jansson, A.: Scharlach-Alarm. Lassen Sie sich nkicht verrückt machen! Hautnah dermatologie 29 (3), 150 (2013).
- Ralph, A. P. u. Carapetis, J. R.: Group A Streptococcal Diseases and Their Global Burden. In: Host-Pathogen Interactions in Streptococcal Diseases. Current Topics in Microbiology and Immunology Volume 368, 2013, pp 1-27.
- Robert Koch-Institut: Scharlach. Ratgeber für Ärzte 2009. Stand: 12.03.2009.
- Toepfner, N. u. Berner, R. : Gruppe-A-Streptokokken-Infektionen im Kindesalter. Monatsschr?Kinderheilkd? 159, 775 (2011?).
DOI?10.1007/s00112-011-2451-1