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Amerikanische Studie: Visuell-räumliche Lernstörung ist häufiger, als bisher angenommen wurde

Die nichtsprachliche bzw. nonverbale Lernstörung (NVLD: Nonverbal Learning Disorder) ist eine bislang noch nicht ganz erforschte und oft übersehene Störung. Betroffene haben Probleme mit der visuell-räumlichen Verarbeitung.

Einer amerikanischen Untersuchung zufolge gehört NVLD zu den häufigsten Lernstörungen, in den USA und Kanada sind etwa 3 bis 4% der Kinder betroffen.

Die Studie, die als erste die Häufigkeit von NVLD in der Allgemeinbevölkerung abschätzte, wurde in JAMA Network Open veröffentlicht.

"NVLD ist eine enorme, aber meist verborgene Belastung für die öffentliche Gesundheit", sagte Jeffrey Lieberman. Direktor des Lehrstuhls für Psychiatrie an der Columbia University Vagelos College of Physicians and Surgeons and Director of the New York State Psychiatric Institute. "Wir hoffen, dass die Ergebnisse [unserer Arbeit] das Bewusstsein für die Störung schärfen und zu einem besseren Verständnis ihrer Neurobiologie und zu besseren Behandlungsmöglichkeiten führen."

Name der Störung kann zu Irrtümern führen

Der Name dieser neurologischen Entwicklungsstörung ist den Experten zufolge Teil des Problems: Kinder mit NVLD sind nicht „nonverbal“, wie der Name annehmen lässt. Betroffenen haben keine Schwierigkeiten beim Lesen und Sprechen. Stattdessen haben Kinder mit NVLD Schwierigkeiten, visuell-räumliche sensorische Informationen zu verarbeiten, was zu Problemen mit Mathematik, Exekutivfunktionen sowie feinmotorischen und sozialen Fähigkeiten führen kann. Unter Exekutivfunktionen sind eine Reihe von geistigen Fähigkeiten beschrieben, die Arbeitsgedächtnis, flexibles Denken und Selbstkontrolle umfassen. "Kinder mit dieser Störung scheuen sich unter Umständen davor, Puzzles zu machen oder mit Legos zu spielen", beschreibt die leitende Autorin Amy E. Margolis, Ph.D., Assistenzprofessorin für medizinische Psychologie am Vagelos College of Physicians and Surgeons der Columbia University, mögliche Anzeichen für die Störung. "Sie haben evtl. Probleme, ihre Schuhe zu binden, eine Schere zu verwenden oder Wegbeschreibungen oder Terminpläne zu erfassen."

NVLD wurde erstmals 1967 beschrieben, hat aber im Vergleich zu anderen Lernstörungen wenig Beachtung gefunden. Unter Experten besteht wenig Einigkeit darüber, wie die Störung zu diagnostizieren ist, und sie ist nicht in der aktuellen Ausgabe des Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (DSM) der American Psychiatric Association enthalten. Die Ursache der NVLD ist nicht bekannt.

Nur wenige Eltern haben von NVLD gehört. "Die meisten Eltern erkennen, dass ein Kind, das bis zum Alter von zwei Jahren nicht spricht, auf eine Lernstörung untersucht werden sollte. Aber niemand denkt darüber nach, wenn Kinder Probleme mit visuell-räumlichen Aufgaben haben", verdeutlicht Margolis.
Um festzustellen, wie häufig die Störung ist, analysierten die Forscher drei unabhängige Stichproben von Kindern (6 bis 19 Jahre) in den USA und Kanada, insgesamt 2.596 Personen. Jedes Kind mit einem Defizit beim räumlichen Denken und einer Beeinträchtigung in zwei von vier Bereichen (Feinmotorik, Mathematik, visuelle Vorstellungskraft und soziale Fähigkeiten) wurde als NLVD eingestuft.

Etwa 4 Kinder unter 100 betroffen

Die Forscher fanden heraus, dass 3 bis 4% der Kinder in jeder Stichprobe die Kriterien für NLVD erfüllten. "Bei Anwendung auf die US-Bevölkerung unter 18 Jahren bedeutet dies ungefähr 2,2 bis 2,9 Millionen Kinder mit NVLD", so die Co-Autorin Katherine Keyes, Ph.D., MPH, Associate Professor für Epidemiologie an der Columbia Mailman School of Public Health.

Bei vielen Kindern in der Studie, bei denen NVLD festgestellt wurde, wurde eine Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) oder eine Angststörung diagnostiziert. "Obwohl sich die Symptome zwischen den beiden Erkrankungen teilweise überschneiden, ist es wichtig, zwischen ihnen zu unterscheiden, um Förderungsmöglichkeiten für Kinder mit NVLD zu entwickeln", sagt Margolis.
Die Forscher planen, bei der American Psychiatric Association einen Antrag zu stellen, um die Störung in der nächsten (sechsten) Ausgabe des DSM aufzunehmen. Sie wollen auch einen neuen Namen vorschlagen - wie visuelle räumliche Entwicklungsstörung -, um das Verständnis und die Erkennung der Störung zu verbessern.

Margolis rät den Eltern, Kinder mit Symptomen einer NVLD untersuchen zu lassen. Es seien keine komplexen und kostspieligen neuropsychologischen Tests erforderlich, um ein Problem mit der visuell-räumlichen Auffassung zu identifizieren.

Quelle: <link https: medicalxpress.com news _blank external-link-new-window external link in new>MedicalXpress, <link https: jamanetwork.com journals jamanetworkopen fullarticle _blank external-link-new-window external link in new>JAMA Network Open