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Arthritis bei Kindern oft unerkannt

Bei Kindern denken Eltern selten an Arthritis. Zudem äußern sich die Gelenkentzündungen bei ihnen häufig anders als bei Erwachsenen: Kinder klagen oft nicht über Schmerzen, sondern versuchen durch Schonhaltungen die Schmerzen zu vermeiden, z.B. indem das betroffene Handgelenk nicht mehr aufgestützt wird…

Wenn ein Kind plötzlich hinkt oder Probleme beim Greifen hat, denken nur wenige Eltern an Rheuma. Zwar tritt die Erkrankung im Kindesalter eher selten auf. Doch genau deshalb stellen sie die Betroffenen vor enorme Probleme: Fachärzte, spezialisierte Therapeuten und andere Ansprechpartner müssen mühsam gefunden werden. Und mit dem Verständnis ihrer Umwelt können die betroffenen Familien nicht immer rechnen.

Die häufigste rheumatische Erkrankung im Kindesalter ist die Arthritis: Durch eine Entzündung schwillt die Innenhaut des Gelenks an und produziert vermehrt Gelenkflüssigkeit. Eine länger andauernde Entzündung kann zu Beeinträchtigungen von Knorpel, Knochen, Sehnen und Bändern führen. Von einer chronischen Verlaufsform (juvenile chronische Arthritis oder juvenile idiopathische Arthritis) sprechen Mediziner bei einer Dauer von mehr als sechs Wochen.

Warnzeichen erkennen
„Erste Erkennungszeichen sind warme, geschwollene, schmerzende Gelenke“, erläutert Dr. Hartmut Michels, Chefarzt des Deutschen Zentrums für Kinder- und Jugendrheumatologie in Garmisch-Partenkirchen. Allerdings klagen Kinder häufig nicht über Schmerzen. „Hier muss die Körpersprache beobachtet werden“, rät Claudia Grave, Bundeselternsprecherin der Deutschen Rheuma-Liga in Bonn. „Will ein bislang aktives Kind plötzlich nicht mehr laufen oder stützt ein Kind sein Handgelenk nicht mehr richtig auf, so sind dies Warnzeichen“, erklärt Grave. Durch Schonhaltungen versucht das Kind, dem Schmerz auszuweichen. Manchmal lehnt es auch harte Nahrung ab, um Schmerzen im Kiefergelenk zu vermeiden. Bei den meisten kleinen Patienten sind die Knie betroffen, oft auch Sprung- oder Handgelenke. „Anders als bei Erwachsenen gibt es bei Kindern auch auf ein Gelenk isolierte Beschwerden“, erläutert die Expertin.

Nicht jede Gelenkentzündung ist eine Arthritis. Sie kann auf eine behandelbare Erkrankung hinweisen - etwa Lyme-Borreliose oder gar Leukämie. „Diese möglichen Ursachen müssen zuallererst ausgeschlossen werden. Dabei darf kein Tag verloren werden“, mahnt Chefarzt Dr. Michels. Erster Ansprechpartner ist der Kinder- und Jugendarzt. Inzwischen gibt es auch Kinderrheumatologen.

„Für die Eltern ist die Diagnose Arthritis häufig ein Schock. Sie sind mit Ängsten, vielen Fragen und oft auch dem Unverständnis des Umfeldes konfrontiert und zunächst hilflos“, berichtet Elternsprecherin Grave. Wichtig sei es, schnellstmögliche eine Handlungslinie zu finden. Dabei können die Erfahrungen anderer Eltern sehr hilfreich sein. Anschriften von Elternkreisen vor Ort gibt es bei der Rheuma-Liga.

Problemorientierte Behandlung
Die Therapie einer juvenilen Arthritis richtet sich danach, welche Gelenke wie stark betroffen sind, und setzt sich aus mehreren Facetten zusammen. „Im Vordergrund steht zunächst eine problemorientierte Behandlung“, erläutert Chefarzt Dr. Michels. Die schmerzenden Gelenke werden gekühlt, so dass die Schwellung nachlässt, und möglichst schmerzfrei gelagert. Medikamente wie nicht-steroidale Antirheumatika (zum Beispiel Ibuprofen) lindern Schmerzen und bekämpfen die Entzündung.

Auch ein Augenarzt sollte einbezogen werden: „Häufig ist diese Erkrankung von einer symptomlos verlaufenden Regenbogenhautentzündung begleitet“, erklärt Dr. Michels. Sie könne im Extremfall zur Erblindung führen und müsse frühest möglich behandelt werden.

Unverzichtbar ist eine begleitende Physiotherapie. Sie verhindert Versteifungen und verbessert die Gelenkigkeit. Zudem löst sie Verspannungen, kräftigt die Muskulatur und hilft, Fehlstellungen zu vermeiden. „Insgesamt gibt es allerdings im niedergelassenen Bereich nur sehr wenige spezialisierte Therapeuten“, beobachtet Elternsprecherin Grave.