Ungefähr 15% der Säuglinge und Kleinkinder zeigen behandlungsbedürftige, zum Teil sogar schwere psychische Störungen. Dies berichtet Prof. Alexander von Gontard, Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie des Universitätsklinikums des Saarlandes in Homburg. Trotzdem wird nur jedes vierte erkrankte Kind einem Kinderpsychiater vorgestellt, weil die Meinung vorherrscht, dass Säuglinge noch keine psychiatrischen Krankheiten haben können. Am häufigsten treten bei Säuglingen Fütterstörungen, Schlaf- und Interaktionsstörungen auf. Eltern sollten die Probleme mit ihrem Kinder- und Jugendarzt besprechen, um frühzeitig eingreifen zu können.
Weil die früheste Phase der kindlichen Entwicklung sehr dynamisch ist und sich durch starke Abhängigkeit von den Eltern auszeichnet, haben psychische Störungen der Eltern tief greifende Folgen für die Kinder. Vor diesem Hintergrund bekommt es besondere Bedeutung, dass mindestens jede zehnte Frau nach der Geburt unter Depressionen leidet.
Der Kinder- und Jugendarzt steht vor der Aufgabe, Störungen so früh wie möglich zu diagnostizieren und die Betroffenen an einen Spezialisten weiterzuleiten. Die Diagnose von psychischen Störungen bei Babys und Kleinkindern ist sehr anspruchsvoll. Sie umfasst eine Anamnese, die Prüfung des Sozialverhaltens und der psychopathologischen Befunde. Die kleinen Patienten werden anschließend gemeinsam mit der Mutter behandelt.