Die von der UNSW (University of New South Wales) durchgeführte Studie mit mehr als 100.000 Kindern ist die größte dieser Art, die sich u.a. damit befasst, wie das Alter eines Kindes zu Schulbeginn mit seiner "Entwicklungsbereitschaft" zusammenhängt.
Eine von vier Familien verzögert in Australien den Schuleintritt ihres Kindes bis zu dem Jahr, in dem ihr Kind sechs Jahre alt wird. Die Forscher stellten unter der Leitung von Dr. Mark Hanly dabei bemerkenswerte geografische und soziale Unterschiede fest. Die Daten belegen zudem einen starken Zusammenhang zwischen dem Alter und der Entwicklungsfähigkeit eines Kindes im ersten Schuljahr.
In die Schule schicken oder ein Jahr warten?
Jedes Jahr stehen Tausende australischer Eltern vor einer schwierigen Entscheidung: Sollten sie ihr Kind zur Schule schicken oder bis zum nächsten Jahr warten? In New South Wales (NSW) können Kinder, die zwischen Januar und Juli geboren sind, im Alter von 4½ bis 5 Jahren mit der Schule beginnen oder ein Jahr aufschieben und zwischen 5,5 und 6 Jahre eintreten. Für NSW-Kinder, die zwischen August und Dezember geboren wurden, steht diese Wahl nicht zur Verfügung. Diese Kinder gehen fast immer im Jahr ihres fünften Geburtstags in die Schule, sofern keine besonderen Umstände vorliegen.
Um eine genauere Vorstellung davon zu bekommen, wie die Situation in Australiens bevölkerungsreichsten Bundesstaat aussieht, verwendeten die Experten Verwaltungsdaten von 104.356 Kindern, die 2009 oder 2012 an einer staatlichen NSW-Schule anfingen. Ihr Ziel war es, regionale, soziale und andere Faktoren zu ermitteln, die mit einem verspäteten Schulbeginn verbunden sind. Zudem wollten die Forscher analysieren, wie sich der Zeitpunkt des Schulbeginns auf fünf Bereiche der kindlichen Entwicklung auswirkte, gemessen anhand eines australischen Bewertungskatalogs für die Entwicklung im ersten Schuljahr (AEDC: Australien Early Development Census).
Das Team stellte fest, dass jedes vierte Kind später zur Schule geschickt wurde - fast die Hälfte der im Januar und Juli geborenen Kinder, die früher in die Schule gehen hätten können. Dabei gab es bemerkenswerte geographische und soziale Unterschiede bei den Familien, die sich für einen Aufschub des Schuleintritts entschieden hatten.
"Jungen, jüngere Kinder und Kinder aus relativ begünstigten Familien und Wohnregionen - insbesondere in Sydney – wurden tendenziell später in die Schule geschickt", sagte Studienleiterin Dr. Kathleen Falster von der UNSW und der Australian National University.
"Das könnte daran liegen, dass Eltern und Lehrer glauben, dass Jungen und jüngere Kinder oft weniger schulreif sind - aber auf der anderen Seite kann ein verzögerter Schuleintritt für Familien mit zusätzlichen Kosten verbunden sein, insbesondere wenn die Alternative eine teure Kinderbetreuung ist."
Mit jedem Monat mehr verbessern sich bei vielen Kindern die Entwicklungschancen
Die Forscher quantifizierten außerdem den Zusammenhang zwischen dem Schulbeginn und der frühkindlichen Entwicklung und fanden im ersten Schuljahr einen starken Zusammenhang zwischen Alter und Entwicklungsfähigkeit.
Kinder, die zwischen August und Dezember geboren sind, haben keine Wahl, wann sie in New South Wales in die erste Klasse gehen. In diesen Monaten Geborene sind daher ideal, um herauszufinden, wie das Alter mit der Entwicklung zusammenhängt.
"Beim Vergleich ihrer Entwicklungsdaten ergab sich ein klarer Trend: Die Ergebnisse verbesserten sich mit jedem weiteren Lebensmonat", verdeutlichte Studienleiter Dr. Mark Hanly.
"Diese Unterschiede sind von Monat zu Monat recht gering, es gibt zum Beispiel keine große Lücke zwischen Augustgeborenen und Kindern, die im September geboren wurden. Allerdings summieren sich diese Unterschiede über ein ganzes Jahr hinweg. Es ist nicht überraschend, dass ein großer Unterschied zwischen dem Entwicklungsstand eines 4½-Jährigen und 6-Jährigen besteht."
Frühe Einschulung kann schulischen Erfolg beeinträchtigen
Das AEDC betrachtete mehr als 100 Aspekte aus fünf Bereichen (körperliche Gesundheit und Wohlbefinden, soziale Kompetenz, emotionale Reife, Sprach- und kognitive Fähigkeiten sowie Kommunikationsfähigkeit und Allgemeinwissen). Die Lehrer testeten die Kinder zudem im zweiten Schuljahr. Erreichen Kinder im „AEDC-Test“ (2009) für einen Bereich eine Punktzahl unter 25%, so gilt ihre Entwicklung dort als gefährdet. In dieser Studie wurde davon ausgegangen, dass bei Kindern, die in allen fünf Bereichen über dem 25-Prozent-Grenzwert liegen, insgesamt eine positive Entwicklung an den Tag legen.
"Die Daten belegen, dass Kinder, die in dem Jahr, in dem sie sechs Jahre alt werden, in die Schule gehen, eher die Fähigkeiten und Kompetenzen erworben haben, die sie benötigen, um sich in einer formellen Lernumgebung gut entwickeln zu können, verglichen mit ihren jüngeren Schulkameraden, die im Jahr des Schuleintritts erst fünf Jahre alt werden", verdeutlichte Dr. Hanly.
Die Studie gibt zwar keine Empfehlungen für die Politik ab, ist aber für die laufende Debatte über die Einschulungsrichtlinien von großer Bedeutung - und die möglichen Auswirkungen dieser Richtlinien auf die Schulbereitschaft von Kindern sowie die Gestaltung des Unterrichts.
"Eine politische Option besteht darin, das Einschreibungsalter anzuheben, um die am stärksten benachteiligten Kinder aus dem schulischen Umfeld zu entfernen - was auch die Kluft zwischen den jüngsten und den ältesten Kindern in einem Klassenzimmer verkleinern würde", erklärte Professor Ben Edwards von der Australian National University, Experte für frühkindliche Bildung und Co-Autor der Studie.
Welche langfristigen Folgen eine Veränderung der staatlichen Regelungen des Schuleintrittsalters hätte, sei nicht bekannt, und es sei eine solide Beweisgrundlage erforderlich, ergänzten die Forscher. "Beispielsweise kann die Anhebung des Schuleintrittsalters Familien zusätzlich belasten, da sie eine längere vorschulische Betreuung benötigen oder Eltern in ihrer Erwerbsfähigkeit und Arbeitszeit länger eingeschränkt sind. Ein späterer Schulbeginn kann auch langfristige Auswirkungen auf das Alter haben, ab wann junge Erwachsene eine berufliche Tätigkeit ausüben", verdeutlichte Professor Edwards.
Dr. Hanly fasste zusammen: "Wir benötigen noch mehr langfristige Untersuchungen, um herauszufinden, ob anfänglich altersbedingte Unterschiede sich auch noch auf spätere Schulleistungen auswirken können. Zwar lassen einige früheren Studien auf akademische Lücken zwischen jüngeren und älteren Kindern nach der ersten Klasse schließen, aber die langfristigen Auswirkungen sind noch nicht klar."
Quelle:<link https: medicalxpress.com news _blank external-link-new-window external link in new> medicalXpress, <link https: newsroom.unsw.edu.au news health _blank external-link-new-window external link in new>University of New South Wales , <link https: www.sciencedirect.com science article pii _blank external-link-new-window external link in new>Early Childhood Research Quarterly