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Autismus: Kinder entwicklen sich bis zu einem Alter von sechs Monaten „normal“

Bis zu einem Alter von einem halben Jahr unterscheiden sich autistische Kinder kaum von anderen Kindern: Sie schauen in das Gesicht eines Menschen, erwidern ein Lächeln und versuchen sich ebenso häufig mitzuteilen. Deshalb ist es für Eltern schwer, die Krankheitszeichen, die sich dann entwickeln, zu erkennen ...

Anzeichen von Autismus tauchen bei Kindern ab einem halben Jahr auf. Sie zeigen dann einen fortschreitenden Verlust von sozialen Fähigkeiten. Bis zu diesem Alter unterscheiden sich Kinder, die später an Autismus erkranken, kaum von anderen Kindern: Sie schauen in das Gesicht eines Menschen, erwidern ein Lächeln, versuchen sich ebenso häufig mitzuteilen. Dies konnten amerikanische Forscher mithilfe der jahrelangen Beobachtungen von 25 Kindern, die später an Autismus erkrankten, und 25 gesunden Kindern erkennen.

Neu an der Studie, die im Journal of the American Academy of Child & Adolescent Psychiatry veröffentlicht wurde, ist, dass sie sich auf laufende Untersuchungen der Kinder stützt, während vergangene wissenschaftliche Arbeiten die rückblickenden Berichte von Eltern nutzen mussten (meist ein Jahr nach Diagnose der Krankheit) und/oder private Videoaufnahmen. Nachteil dieser Daten ist die Subjektivität der Eltern, die im Nachhinein manche Verhaltensweisen über- oder unterbewerten oder weiter zurückliegende Anzeichen für Autismus näher an die Gegenwart heranrücken (so genannter „Teleskopeffekt“). Private Aufzeichnungen sind ebenso ungenau, da Eltern den Rekorder meist abschalten, wenn sich Kinder nicht „angemessen“ verhalten, was gerade bei autistischen Merkmalen oft der Fall ist.

Prof. Sally Ozonoff vom UC Davis MIND Institute und ihre Kollegen in Sakramento beobachteten Kinder, die ein hohes Risiko für Autismus hatten, d.h., in deren Familien Autismuserkrankungen bekannt waren. Die Berichte von denjenigen Kindern, die später Autismus entwickelten, wurden mit gesunden Kindern mit geringem Erkrankungsrisiko verglichen. Im Alter von 6, 12, 18, 24 und 36 Monaten werteten Experten genau die Anzahl der Blicke in das Gesicht eines Gegenübers, soziales Lächeln, direkte Kommunikationsversuche mit Hilfe von Videoaufnahmen aus. Dabei zeigte sich, dass soziale Interaktionen und Fähigkeiten bei autistischen Kindern sich nicht nur nicht weiterentwickelten, sondern sogar wieder abnahmen. Der Rückschritt war demnach besonders dramatisch zwischen einem Alter von einem halben Jahr und eineinhalb Jahren. Eltern erleben diesen Rückschritt anscheinend nicht so deutlich. Die Psychologen vom UC Davis MIND Institute hoffen, mit diesen neuen Erkenntnissen dazu beizutragen, dass unterstützende Maßnahmen bei betroffenen Kindern nicht unnötig verzögert werden. Jedes Kind, das anhaltende Probleme bzw. Rückschritte in sozialen Fähigkeiten aufweist, sollte näher untersucht werden, um frühzeitig Fördermaßnahmen einleiten zu können.