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Bei möglichem Kontakt mit einem Tollwut-infizierten Tier sofort zum Arzt

Die sofortige Behandlung bei Kontakt mit einem potenziell infizierten Tier kann Leben retten. Meist erwerben Patienten die Krankheit bei Auslandsaufenthalten, wie in Afrika und Asien sowie Südamerika. Aus gefährdeten Ländern importierte Tiere ohne bekannten Impfstatus können ebenso ein Risiko darstellen.

Doch selbst in Europa treten immer wieder sporadisch Fälle auf – wie in der Slowakei, in Ungarn, in Estland, in Litauen und in Lettland. Das Wiederauftreten der Tollwut in Norditalien in den Jahren 2008–2011 und Griechenland in den Jahren 2012–2013 unterstreicht, wie wichtig es ist, aufmerksam zu bleiben.

„Kleine Kinder neigen dazu, unbedacht Kontakt zu Tieren aufzunehmen. Für eine Ansteckung ist nicht einmal ein Biss nötig: Es reicht schon, wenn das Tier das Kind kratzt oder eine minimal verletzte Hautstelle ableckt. Auch Schleimhautkontakt mit kontaminiertem Speichel kann eine Erkrankung auslösen. Infizierte Tiere müssen dabei nicht unbedingt Anzeichen einer Tollwut zeigen“, warnt Prof. Dr. Hans-Jürgen Nentwich, Kinder- und Jugendarzt sowie Mitglied des wissenschaftlichen Beirats beim Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) mit langjähriger Klinikerfahrung. Das Tollwutvirus befällt nur Säugetiere. Verbreitet war das Virus in Deutschland vor allem bei Füchsen. Aber auch andere Tierarten wie Dachse, Marder, Rehe, Rinder, Schafe, Ziege, Pferde, Waschbären sowie Katzen können sich mit dem Virus anstecken. In Deutschland ist seit 2008 die klassische Wildtollwut gebannt, doch hier und in anderen europäischen Ländern zirkuliert das Virus noch in Fledermäusen. In Europa zählt Deutschland dem Robert Koch-Institut (RKI) zufolge sogar zu den Ländern mit den häufigsten Fledermaus-Tollwutfällen.

„Von der Ansteckung bis zu den ersten Anzeichen vergehen Wochen und in Einzelfällen sogar Jahre. Treten erste unbestimmte Anzeichen, wie Kopfschmerzen und Appetitlosigkeit auf, ist eine beginnende Therapie oft nicht mehr erfolgreich. Es folgen u.a. Krämpfe. Patienten sind abwechselnd aggressiv und depressiv. Der Tod tritt schließlich durch Lähmung der Atem- oder Herzmuskulatur ein“, so Professor Nentwich. Mehrere Untersuchungen weisen darauf hin, dass die meisten Patienten nach einem riskanten Kontakt im Ausland sich zu spät bzw. erst nach der Rückkehr ins Heimatland behandeln lassen. Eine britische Studie berechnete, dass in England von 2001 bis 2018 Tollwutverdachtsfälle um das 7,5-Fache gestiegen sind. 78% der behandelten Patienten waren Reisende aus 43 verschiedenen Ländern, und fast ein Viertel (22%) der Patienten mussten sich nach einem Kontakt mit einer Fledermaus in England einer Behandlung unterziehen.

„Familien sollten sich rechtzeitig vor einer Reise über die Tollwut-Gefahr dort informieren und evtl. eine vorbeugende Impfung einplanen. Die erforderlichen drei Impfdosen sollten Kinder und Erwachsene innerhalb von vier Wochen erhalten - je nach Impfstoff. Wenn ungeimpfte Kinder in Kontakt mit verdächtigen Tieren kommen, sollten Eltern betroffene Hautstellen oder Verletzungen sofort großzügig mit Seife reinigen, gründlich mit Wasser ausspülen und umgehend einen Arzt bzw. ein Krankenhaus aufsuchen. Falls vorhanden kann zum Reinigen 70 %-iger Alkohol oder ein Jodpräparat verwendet werden“, rät Professor Nentwich.

Der WHO zufolge starben in diesem Jahr eine US-Bürgerin und eine Norwegerin, die beide von einem Welpen (in Indien und auf den Philippinen) gebissen worden waren und nicht rechtzeitig behandelt worden waren. 2017 meldete Frankreich nach Angaben des ECDC (European Centre for Disease Prevention and Control) einen reisebezogenen Tollwut-Fall: ein 10-jähriger Junge, der in Sri Lanka von einem Hund gebissen worden war.

2007 trat der letzte Tollwutfall bei einem Menschen in Deutschland auf. Der Mann war in Marokko von einem streunenden Hund gebissen worden. Ende 2008 dokumentierte das RKI Tollwut bei einem aus Kroatien importierten Mischlingshund im Landkreis Lörrach (Baden-Württemberg).

Zusammenfassend muss darauf hingewiesen werden, dass trotz der Seltenheit einer Tollwutinfektion immer bei körperlichem Kontakt mit Tieren im Ausland an eine solche Infektion gedacht werden sollte.

Quellen: <link https: ecdc.europa.eu sites portal files documents aer_for_2017-rabies_0.pdf _blank external-link-new-window external link in new>ECDC, <link https: doi.org journal.pntd.0006951 _blank external-link-new-window external link in new>PLOS Neglected Tropical Diseases, <link https: www.healio.com infectious-disease zoonotic-infections news online _blank external-link-new-window external link in new>European Congress of Clinical Microbiology and Infectious Diseases 2019 (Healio.com), RKI (<link https: www.rki.de shareddocs faq tollwut _blank external-link-new-window external link in new>1, <link https: www.rki.de de content infekt epidbull archiv ausgaben _blank external-link-new-window external link in new>2), WHO (<link https: www.who-rabies-bulletin.org news norwegian-woman-dies-rabies-after-being-bitten-puppy-philippines _blank external-link-new-window external link in new>1, <link https: www.who-rabies-bulletin.org news us-citizen-dies-after-being-bitten-dog-india _blank external-link-new-window external link in new>2)

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