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Bei vorübergehenden Tics gelassen bleiben

Wenn Kinder häufig zwinkern, die Augen rollen, nicken ohne Anlass oder komische Lautäußerungen wiederholen, so sollten Eltern mit Nachsicht und Zuneigung reagieren. Denn diese Tics können meist nicht willentlich gesteuert werden...

Vorübergehende Tics, wie seltsame wiederkehrende Bewegungen oder Lautäußerungen, sind im Kindes- und Jugendalter häufig und lassen sich durch Ermahnungen kaum kontrollieren, da sie sich willentlich schwer beeinflussen lassen. „Eltern sollten gelassen bleiben und diese Tics am besten ignorieren. Denn die meisten einfachen Tics, wie Augenblinzeln, Naserümpfen oder Augenbrauen hochziehen, treten bei fast jedem Kind vorübergehend im Rahmen der motorischen Entwicklung auf und verschwinden von selbst“, erklärt Prof. Dr. Hans-Jürgen Nentwich, Vizepräsident des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ). Etwa 6,6% normaler Schulkinder zeigen im Laufe eines Jahres Tics. Vorübergehende Tics treten nicht länger als ein Jahr auf, chronische Tics halten dagegen über ein Jahr lang an. Dann treten die Tics meist im Zusammenhang mit einer Tourette-Störung auf und das Kind leidet unter mehreren wiederkehrenden Bewegungsabfolgen (motorische Tics) und mindestens einer Lautäußerung (vokaler Tic). Diese Krankheit beginnt meist im Vorschulalter. In der Regel verstärken sich die Tics im sechsten und um das zehnte oder elfte Lebensjahr, um dann in der Hälfte der Fälle bis zur Volljährigkeit zu verschwinden. Die genauen Ursachen sind bisher noch nicht vollständig geklärt, vermutlich ist die Regulierung des Gehirnstoffwechsels (Neurotransmittersysteme) gestört.

„Sind Eltern stark beunruhigt oder bestehen die Störungen kontinuierlich über drei Monate, sollten sie die Ursache auf jeden Fall ärztlich abklären lassen, denn Tics können in seltenen Fällen auch auf Hirnerkrankungen, wie Epilepsie oder Hirnhautentzündung, beruhen oder durch Medikamente ausgelöst werden. Handelt es sich um ein Tourette-Syndrom, reicht in vielen Fällen eine ausführliche Aufklärung und Beratung aus, um in der Familie und der näheren Umgebung Verständnis für die Erkrankung zu erhalten und den Leidensdruck der Kinder und ihrer Familien zu lindern“, rät Professor Nentwich. Manchmal kann auch eine Verhaltenstherapie sinnvoll sein. Ist das Tourette-Syndrom stark ausgeprägt, so dass das Kind z.B. immer wieder obszöne Wörter gebraucht oder sich sogar durch die zwanghaften Bewegungen selbst zu verletzen droht, kann der Kinder- und Jugendarzt dabei helfen, eine multidisziplinäre Behandlung unter Einbeziehung von Kinder- und Jugendpsychiatern, Neuropädiatern und Neurologen zu koordinieren. In diesem Fall und wenn zusätzliche Störungen, wie eine Zwangserkrankung oder soziale Anpassungsstörung, vorliegen, kann auch eine medikamentöse Behandlung sinnvoll sein.