Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) ist enttäuscht, dass eine Mehrheit im Deutschen Bundestag Jungen nicht ebenso wie selbstverständlich den Mädchen das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit einräumt und die Beschneidung der männlichen Vorhaut als harmlosen Eingriff ohne wesentliche Komplikationen einstuft, obwohl pädiatrische Verbände aus vielen Ländern der Welt in verschiedenen Dokumentationen erhebliche Komplikationen dargelegt haben. Das heute verabschiedete „Beschneidungsgesetz“ ist als Rückschritt in der Geschichte der Kinder- und Menschenrechte in Deutschland zu werten.
Dr. Wolfram Hartmann, BVKJ-Präsident: „Die Mehrheit des Deutschen Bundestages hat heute das Recht jüdischer und muslimischer Jungen auf körperliche Unversehrtheit ausgehebelt. Das neue Gesetz ist faktisch ein Sondergesetz, das jüdische und muslimische Jungen vom Schutz vor medizinisch nicht indizierten Eingriffen ausschließt. Schlimmer noch: es überlässt sie in den ersten sechs Lebensmonaten sogar Personen ohne ärztliche Befähigung. Wir Kinder- und Jugendärzte sind enttäuscht über die Haltung unseres Parlaments, dem das Recht von Jungen auf körperliche Unversehrtheit weniger gilt als Elternrecht und die Freiheit der Religionen, Jungen nur dann als vollwertige Gemeindemitglieder zu akzeptieren, wenn sie einen nicht gerade unwichtigen Teil ihres Penis geopfert haben.
Wir appellieren an alle Ärztinnen und Ärzte, sich nicht aktiv an medizinisch unnötigen Beschneidungen zu beteiligen. Zum anderen werden wir auch in Zukunft nicht nachlassen, uns zusammen mit fortschrittlichen Juden und Muslimen für symbolische unblutige Beschneidungen als Aufnahmeritual in die Religionsgemeinschaften einzusetzen. Zahlreiche jüdische und muslimische Eltern unterstützen uns schon heute dabei und sind uns dankbar, dass wir ihnen eine Stimme geben und uns für sie und ihre Kinder einsetzen.“