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Besser null Promille für ungeborene Kinder

Anlässlich des Tags des alkoholgeschädigten Kindes am 9.9. erinnert Dr. Wolf-Rüdiger Horn, Suchtbeauftragter des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) daran, dass es bis heute keine Studie gibt, die belegen kann, bis zu welcher Menge Alkoholkonsum während der Schwangerschaft unschädlich für das ungeborene Kind ist. Deshalb gilt für Schwangere: Dem Kind zuliebe besser null Promille ...

Es gibt bis heute keine Studie, die belegen kann, bis zu welcher Menge Alkoholkonsum während der Schwangerschaft unschädlich für das ungeborene Kind ist. Daran erinnert der Suchtbeauftragte des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), Dr. Wolf-Rüdiger Horn, anlässlich des Tages des alkoholgeschädigten Kindes: „Auch bei einem so genannten ‚moderaten’ Konsum von – etwa einem Glas Bier oder Wein pro Tag, der für eine gesunde Frau noch als weitgehend unbedenklich gilt, kann eine werdende Mutter nicht völlig ausschließen, dass negative Folgen für das ungeborene Kind daraus entstehen“.

Da die heutigen wissenschaftlichen Erkenntnisse es nicht erlauben, einen klaren Grenzwert zu definieren, empfiehlt es sich, während der Schwangerschaft möglichst ganz auf Alkohol zu verzichten. „Freunde und Bekannte und insbesondere Partner oder andere nahestehende Personen sollten Schwangere vorwurfsfrei dabei unterstützen, insbesondere bei Feiern und auf Festen oder in Krisensituationen äußerst vorsichtig mit Alkohol umzugehen“, appelliert Dr. Horn. „Unbedingt vermieden werden sollte der Konsum größerer Mengen auf einmal. Bemerken Nahestehende, dass eine Schwangere erhebliche Probleme mit Alkohol hat, kann ein Kontakt zu einer entsprechenden Beratungsstelle sinnvoll sein“, empfiehlt Dr. Horn.
Der Tag des alkoholgeschädigten Kindes am 9. September soll an die möglichen schwer wiegenden Konsequenzen von Alkoholkonsum während der Schwangerschaft erinnern. Insbesondere in den ersten drei Monaten reagiert das ungeborene Kind empfindlich auf Alkohol. In dieser Zeit werden die Organe des Kindes angelegt und ausgebildet. Alkohol kann die Zell- und Organentwicklung, besonders des zentralen Nervensystems, beeinträchtigen. Alkohol gefährdet unter anderem die korrekte Vernetzung wichtiger Nervenzellen. In den späteren Schwangerschaftsmonaten kann Alkohol das Wachstum des Ungeborenen behindern. Das Vollbild der vor allem nach exzessivem Alkoholkonsum möglichen Störungen mit Wachstumsverzögerung, speziellen körperlichen Auffälligkeiten, besonders von Schädel und Gesicht, und gestörten Hirnfunktionen wird als „Fetales Alkoholsyndrom“ (FAS) bezeichnet. Treten oft nur schwer erkennbare neurologische Symptome mit stark beeinträchtigten kognitiven und psychosozialen Fähigkeiten auf, spricht man von „fetalen Alkoholeffekten“ (FAE). Vor allem in der US-amerikanischen wissenschaftlichen Literatur wird zunehmend der Überbegriff „fetale Alkoholspektrum-Störung“ (Fetal Alcohol Spectrum Disorder =FASD) für alle Formen von vermuteten, aber oft nicht genau belegbaren Alkoholschädigungen verwendet. In Deutschland gibt es keine genauen Erhebungen zur Zahl der Betroffenen, wahrscheinlich werden jährlich zwischen 350 und 1.400 Kinder mit FAS und schätzungsweise 3.000 bis 4.000 mit den geringer ausgeprägten FAE geboren.

Kinder mit FAS oder FAE haben Schwierigkeiten, Gelerntes zu behalten oder wieder abzurufen sowie eingeschränkte soziale Fähigkeiten. Als Freunde suchen sie sich häufig erheblich jüngere oder ältere Kinder. In der Schule haben sie oft Schwierigkeiten, still zu sitzen und sich zu konzentrieren. Es fällt ihnen schwer, sich an Regeln und Absprachen zu halten, und sie vergessen häufig gerade Gelerntes oder Vereinbartes.

Weitere Informationen zum Thema Alkohol und Schwangerschaft finden Sie in der Broschüre Auf dein Wohl mein Kind der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung.

Die Entwicklungsstörungen betroffener Kinder können in einem der 130 Sozialpädiatrischen Zentren (SPZs) in Deutschland früh diagnostiziert werden, je nach Störungsbild wird zusammen mit Eltern, Erziehern und Pädagogen eine Langzeitbetreuung durch Fachärzte für Kinder- und Jugendmedizin, Physiotherapeuten, Logopäden und Ergotherapeuten eingeleitet.