„Wir sehen im Klinikalltag immer wieder gequetschte Kinderhände, die oft einen langwierigen Heilungsverlauf haben. Ein kurzer Moment der Unachtsamkeit reicht bereits aus“, sagt Prof. Dr. Michael J. Raschke, stellvertretender DGOU-Präsident und Direktor der Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie am Universitätsklinikum Münster. Die DGOU gibt Tipps zum Schutz von Kinderhänden: Dazu zählt auch ein Klemmschutz für die Tür.
Quetschungen an Hand und Fingern sind bei Kindern keine Seltenheit. Denn schnell ist es passiert: Die Familie fährt zum Baden an den See, die Kinder sind ungeduldig und beim Aussteigen entsteht eine unübersichtliche Situation. Alle steigen aus, jeder greift seine Sachen und eine Autotür wird zugeschlagen, während sich ein Kind am Auto festhält. Durch den harten Aufprall werden die Finger gequetscht, was für das Kind sehr schmerzhaft ist und auch ernsthafte Folgen haben kann. Bei gequetschten Fingerenden kann die Fingerkuppe stark anschwellen und heftig zu pochen anfangen, denn unter den Nagel geratendes Blut kann nicht ausweichen. Manche Eltern stechen ein Loch in den Nagel, um Linderung zu schaffen, das sollte jedoch besser von ärztlicher Hand durchgeführt werden. Denn eine so genannte Nagelbett-Trepanation muss unter sterilen Bedingungen stattfinden. „Da gequetschte Finger schnell anschwellen, empfiehlt es sich, die betroffenen Finger sofort erst einmal zu kühlen, beispielsweise durch darüber laufendes kaltes Wasser oder mittels kalter Umschläge. Denn Finger sind besonders empfindlich, da sie wichtige Tastfunktionen und eine besonders gute Durchblutung mit einem feinen Gefäß-Nerven-Netz haben. Eine anhaltende Schwellung, pochende Schmerzen oder ein Blutstau unter dem Fingernagel sind Warnhinweise, gegebenenfalls auch für schwerere Verletzungen und Knochenbrüche. Dann sollte das Kind in einer unfallchirurgischen Notaufnahme vorgestellt werden, damit hier Verletzungen am Knochen oder an den Gelenken ausgeschlossen bzw. behandelt werden können“, sagt Dr. Christopher Spering, Leiter der DGOU-Sektion Prävention und Oberarzt an der Klinik für Unfallchirurgie, Orthopädie und Plastische Chirurgie an der Universitätsmedizin Göttingen (UMG).
Tipps zur Vermeidung von Quetschungen an der Kinderhand:
- Aufklärung: Kinder sollten über die Gefahrensituation Tür aufgeklärt werden.
- Kontrollblick: Vor dem Schließen einer Autotür sollte immer ein Kontrollblick erfolgen. Erst wenn sicher ist, dass sich kein Kind am Rahmen festhält, darf die Autotür geschlossen werden.
- Klemmschutz: Bei kleinen Kindern sollten Eltern Sicherheitsvorrichtungen oder einen Klemmschutz für die Vorder- bzw. Scharnierseite an den Türen zu Hause anbringen. Auch kleine Vorrichtungen aus Schaumstoff oder einem Tuch können über der Tür angebracht werden, um ein Zuschlagen zu verhindern. Ein um beide Türklinken gebundenes Handtuch erfüllt diesen Zweck ebenso.
- Im Blick haben: Kleine Kinder sollten nicht unbeaufsichtigt an Türen spielen, damit die Finger nicht in die Scharniere geraten. In der Nähe von Brandschutztüren sollten Kinder nie allein gelassen werden.
Typische Gefahrensituationen gibt es auch zu Hause in der Wohnung: Kleine Kinder können noch nicht an die Türklinke heranreichen, sie halten eine Türe deshalb an der Seite. Beim Zudrücken steckt schnell ein Finger fest. Oder sie schieben ihre Finger in den Türspalt mit den Scharnieren, um die Tür zuzudrücken und quetschen damit ihre Finger ein. Auch Brandschutztüren bergen ein Verletzungsrisiko, da sie durch ihr Gewicht von allein zufallen. Fehlt Kindern dann die Kraft, um die Tür zu halten, können schnell die Finger eingeklemmt werden. „Autotüren, Scharniere und Brandschutztüren verursachen am häufigsten Quetschungen an Fingern oder der Hand von Kindern“, berichtetProf. Dr. Dr. Peter Schmittenbecher, Leiter der Sektion Kindertraumatologie der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) und Klinikdirektor am Städtischen Klinikum Karlsruhe.
Ein gequetschter Finger oder eine eingeklemmte Hand sind für Kinder schmerzhaft, sie heilen nach wenigen Tagen jedoch meist von allein wieder aus, wenn keine schwerwiegenderen Verletzungen dabei entstanden sind. Nicht selten können Quetschungen an der Hand jedoch so schwerwiegend sein, dass sie durch Bildgebung wie beispielsweise Röntgen diagnostiziert und ggf. operiert werden müssen. Amputationen sind die Ausnahme, kommen aber dennoch vor. Häufig sind Nachkontrollen, gelegentlich bei den schweren Verletzungen auch Physiotherapie erforderlich. „Schwerwiegende Verletzungen können lebenslang Probleme bereiten. In Einzelfällen kann der Finger nicht ganz gerettet werden und es muss ein Teil, meist das Endglied amputiert werden“, so Schmittenbecher. Eine rasche fachgerechte ärztliche Behandlung trägt somit wesentlich dazu bei, dass ein verletztes Kind seine Hand später wieder voll nutzen kann. Denn schließlich benötigt man die Hand für so viele Dinge im Leben und schon kleinste Veränderungen an der Hand können eine große Einschränkung bedeuten. Aber besser als die beste Behandlung ist das Vermeiden von Unfallsituationen.
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(Susanne Herda, Swetlana Meier; Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie e. V.)
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