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Der Schuleintritt sorgt für einen Entwicklungsschub

Eine am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung durchgeführte Langzeitstudie gibt Aufschluss über die Auswirkungen der Einschulung auf die Gehirnentwicklung von Kindern. Die Ergebnisse sind in der Fachzeitschrift Psychological Science veröffentlicht.

Still sitzen, dem Unterricht folgen, Ablenkungen von Mitschülern und anderen Verlockungen widerstehen – der Schuleintritt ist für Erstklässler, die oftmals aus eher spielorientierten Kindergärten kommen, eine Herausforderung. Doch die strukturierte Lernumgebung scheint sich schnell auf das Gehirn von Kindern auszuwirken. So zeigen sie schon innerhalb des ersten Schuljahres eine messbar bessere Konzentrationsfähigkeit und Verhaltenskontrolle als Kindergartenkinder in ähnlichem Alter. Das ist das Ergebnis einer langfristigen Studie von Wissenschaftlern des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung sowie der Universität von Kalifornien, Berkeley. „Im Alter zwischen fünf und sieben Jahren machen Kinder große Entwicklungssprünge, vor allem in der Fähigkeit ihr eigenes Verhalten zu kontrollieren. Uns interessierte, ob das nur mit der allgemeinen Hirnreifung oder auch mit der Einschulung, die oft in diese Lebensphase fällt, zusammenhängt“, sagte Garvin Brod, Erstautor der Studie, ehemaliger Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung und jetzt am Deutschen Institut für Internationale Pädagogische Forschung. Die Untersuchung ist Teil des Projekts „HippoKID“ am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung und die erste neurowissenschaftliche Langzeitstudie, die sich mit den Auswirkungen des Schulbeginns auf die Gehirnentwicklung befasst.
Die Studienergebnisse basieren auf Daten von 60 Kindern, die zu Beginn der Studie fünf Jahre alt waren. Um Veränderungen als Auswirkung des Schuleintritts feststellen zu können, wurden die Tests nach einem Jahr wiederholt. Während bei der ersten Testung noch alle Kinder in den Kindergarten gingen, war bei der zweiten ein Teil der Kinder bereits ein Jahr in der Schule. Beide Male lösten die Kinder Aufgaben am Computer, mit denen ihre Aufmerksamkeit und ihre Verhaltenskontrolle getestet wurden. Und mithilfe der gesundheitlich unbedenklichen Magnetresonanztomographie (MRT) wurde im Anschluss die Gehirnaktivität der Kinder gemessen und verglichen.

Beide Gruppen – sowohl die Kindergartenkinder als auch die Schulkinder – verbesserten über das Jahr ihre Aufmerksamkeit sowie ihre Verhaltenskontrolle. Insgesamt machten die Schulkinder im Vergleich zu den Kindergartenkindern aber größere Entwicklungssprünge. Sie zeigten außerdem eine höhere Aktivierung des rechten posterioren Parietalcortex (PPC) – einer Hirnregion, die länger andauernde Aufmerksamkeitsleistungen unterstützt. Kinder mit einer stärkeren Zunahme in der Aktivierung ihres rechten PPC zeigten eine stärkere Verbesserung in ihrer Verhaltenskontrolle. „Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass sich die strukturierte Lernumgebung der Schule positiv auf die Entwicklung der Verhaltenskontrolle auswirkt“, so Garvin Brod.

Die Wissenschaftler warnten jedoch vor einer Überinterpretation der Studienergebnisse: „Das bedeutet nicht, dass eine frühe Einschulung automatisch besser ist. Die Frage nach dem richtigen Zeitpunkt des Schuleintritts können wir nicht beantworten – das muss eine individuelle Entscheidung bleiben. Denn jedes Kind ist anders. Auch wissen wir noch nicht, ob die Effekte anhalten“, ergänzte Ko-Autorin Yee Lee Shing, Leiterin der HippoKID-Studie am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung und jetzt Wissenschaftlerin an der Universität Stirling. „Diese Ergebnisse zeigen zum ersten Mal, wie der Umweltkontext das Gehirn Fünfjähriger beim Übergang in die Schule formt“, so Ko-Autorin Silvia Bunge weiter, die als Professorin an der Universität von Kalifornien, Berkeley, arbeitet.

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(Nicole Siller, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Max-Planck-Institut für Bildungsforschung)
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<link http: journals.sagepub.com doi _blank external-link-new-window external link in new>Psychological Science

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