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Deutlicher Anstieg von Typ-2-Diabetes-Fällen bei Kindern während der COVID-19-Pandemie

Bei einer standortübergreifenden Durchsicht der Krankenakten beobachteten amerikanische Forscher:innen, dass während der COVID-19-Pandemie Typ-2-Diabetes bei Kindern und Jugendlichen stark anstieg.

Eine im Journal of Pediatrics veröffentlichten Arbeit berichtet übereinen Erhöhung der Diagnosen von Typ-2-Diabetes bei Kindern. Unklar bleibt, ob die Virusinfektion selbst ein Faktor für den Anstieg war. Eine Umstellung auf Homeschooling und das Aussetzen von Sport- und schulischen Aktivitäten habenwahrscheinlich als „Umweltfaktoren“ das Risiko erhöht, so die Autoren und Autorinnen.

Sheela N. Magge, außerordentlicher Professorin für Pädiatrie an der Johns Hopkins University School of Medicine und Erstautorin der Arbeit, sagte, dass reduzierte körperliche Aktivität und Gewichtszunahme bekannte Risikofaktoren für Typ-2-Diabetes sind. „Während des COVID-19-Lockdowns wurden Kinder aus ihren normalen Alltagsroutinen wie dem Schulbesuch, Sport und anderen Hobbys gerissen“, ergänzte Magge. „Sie waren nicht nur weniger körperlich aktiv, sie mussten auch zuhause bleiben und verbrachten viel mehr Zeit damit, fernzusehen, Videospiele zu spielen oder sich mit anderen elektronischen Geräten zu befassen.“

Typ-2-Diabetes ist eine chronische Erkrankung, die die Fähigkeit des Körpers beeinträchtigt, Zucker im Körper zu regulieren, zu nutzen und zu verarbeiten. Ohne Behandlung und Kontrolle kann es zu Herzerkrankungen, Nerven- und Nierenschäden, Sehstörungen und zu anderen irreversiblen Organschäden kommen. Magge fügte hinzu, dass frühere Untersuchungen anderer Institutionen gezeigt haben, dass Kinder, bei denen Diabetes diagnostiziert wurde, offenbar schneller Komplikationen bekommen als Erwachsene.

77%-ige Steigerung der Neudiagnosen

Für die aktuelle Studie verglichen die US-Wissenschaflter:innen die Raten von neu aufgetretenem Typ-2-Diabetes bei Menschen im Alter von 8 bis 21 Jahren in den zwei Jahren vor der Pandemie (01.03.2018 bis 29.02.2020) bis zum ersten Jahr der Pandemie (01.03.2020 bis 28.02.2021).

Die Forscher identifizierten in diesem Zeitraum 3.113 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von 8 bis 21 Jahren aus 24 Zentren in den USA. Die durchschnittliche Anzahl neuer Diagnosen pro Jahr in den beiden Jahren vor der Pandemie stieg von 825 auf 1.463 im ersten Jahr der Pandemie an Steigerung um 77%.

Während der Pandemie erkrankten mehr Jungen als Mädchen an Typ-2-Diabetes

Im ersten Jahr der Pandemie zeigten die Aufzeichnungen, dass mehr Jungen (55%) mit Typ-2-Diabetes diagnostiziert wurden als Mädchen (45%) - eine Umkehrung der Prozentsätze in den Jahren vor der Pandemie. „Dies war eines der ungewöhnlicheren Ergebnisse unserer Studie“, kommentierte die pädiatrische Endokrinologin Risa Wolf, M.D., Assistenzprofessorin für Pädiatrie an der Johns Hopkins University School of Medicine und Zweitautorin der Studie. „Normalerweise sehen wir mehr Mädchen als Jungen, die neu an Typ-2-Diabetes erkranken, obwohl unklar ist, warum.“

Minderheiten besonders betroffen

Im Vergleich zu den Raten in den Vorjahren hat sich die Anzahl der Diagnosen bei jungen Patienten und Patientinnen südamerikanischer Herkunft im ersten Jahr der Pandemie fast verdoppelt und bei afrikanisch-stämmigen jungen Patienten und Patientinnen verdoppelt. Bei Patienten und Patientinnen kaukasischer (europäischer) Herkunft stellten die Ermittler einen Rückgang der Fälle fest.

Es ist bereits bekannt, dass Typ-2-Diabetes Minderheiten und Familien mit sozioökonomischen Belastungen überproportional betrifft, und die neue Studie zeigt, dass sich solche Unterschiede vertieft haben, erklärte Magge.
Kinder kamen im Pandemiejahr vermutlich später in ärztliche Behandlung
Darüber hinaus wurden in den Jahren vor der Pandemie mehr junge Patienten und Patientinnen ambulant erfasst (57%) als im Pandemiejahr. Im Pandemiejahr wurden mehr Heranwachsende, bei denen die Krankheit neu diagnostiziert wurde, stationär behandelt (57%). Dies deutet darauf hin, dass sie zum Zeitpunkt der Diagnose schon unter stärkeren Beschwerden litten.
Insgesamt stellten die Forscher:innen fest, dass 21% der jungen Menschen bereits „akute Stoffwechselentgleisung“ aufwiesen, deren schwerwiegendste Symptome Erbrechen, Lethargie (Teilnahmslosigkeit), Verwirrtheit und schnelles Atmen sind. Vor der Pandemie traten solche Anzeichen nur bei 9% der Kinder mit neu aufgetretenem Typ-2-Diabetes auf. Da die Studie die Krankenakten im Rückblick auswertete, sei es aber möglich, dass manche Informationen nicht vollständig seien, schränkten die Autoren und Autorinnen ein.

„Wir müssen sicherstellen, dass wir Patienten frühzeitig identifizieren, damit wir sie frühzeitig behandeln und Komplikationen verhindern können“, betonte Wolf.

Wolf riet auch, dass Eltern mit den Kinder- und Jugendärzten und den Kinder- und Jugendärztinnen ihrer Kinder über Gewichtszunahmen sprechen sollten. Magge fügte hinzu: „Jetzt ist es an der Zeit, bei Kindern besonders auf Bewegung und eine gesunde Ernährung zu achten.“

Quellen: <link https: www.eurekalert.org news-releases _blank external-link-new-window external link in new>EurekAlert! <link https: www.hopkinsmedicine.org news newsroom news-releases significant-boost-in-rates-of-type-2-diabetes-among-children-during-covid-19-pandemic _blank external-link-new-window external link in new>Johns Hopkins Medicine, <link https: doi.org j.jpeds.2022.08.010 _blank external-link-new-window external link in new>Journal of Pediatrics