Die Bell-Lähmung, die dazu führt, dass die Hälfte des Gesichts erschlafft, ist die dritthäufigste Erkrankung, die eine plötzliche Veränderung der Nervenfunktion bei Kindern bedingen kann. „Der Gesichtsnerv kann z.B. durch Kälte, Verletzung oder auch Viren bis hin zu Tumoren beeinträchtigt werden. Oft bleibt die genaue Ursache unbekannt, sie hängt aber bei Kindern häufig mit einer Virusinfektion zusammen. Dazu gehört z.B. auch COVID-19“, erklärt Dr. Herman Josef Kahl, Kinder- und Jugendarzt sowie Mitglied des Expertengremiums vom Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ). Schätzungsweise bis über ein Drittel der Fälle gehen auf eine Infektion zurück. Weitere Infektionen, die eine Gesichtslähmung auslösen können, sind das Herpes-simplex-Virus, das Cytomegalovirus, das Epstein-Barr-Virus, das Adenovirus, das Rötelnvirus, das Mumps-Virus, die Influenza-Viren, das Echovirus und das Coxsackievirus.
Durch Zecken übertragene Borrelien können bei Kindern ebenso für eine Gesichtslähmung (Fazialisparese) verantwortlich sein. Der Kinder- und Jugendarzt kann Letzteres durch eine Blutabnahme ausschließen oder bestätigen. Eine Antibiotikabehandlung ist hier sinnvoll. Ein HNO-Arzt wird hinzugezogen, wenn es u.a. Auffälligkeiten im Bereich des Ohres, der Ohrspeicheldrüse, des Trommelfells gibt und bei einer Beeinträchtigung der Hörfunktion. „Bei lähmungsartigen Erscheinungen im Gesicht sollten Eltern mit ihrem Kind immer zum Kinder- und Jugendarzt. Kortison kann u.U. die Entzündung der betroffenen Nerven verringern. Es müssen auch mögliche Begleiterscheinungen wie z.B. ein trockenes, ungeschütztes Auge, wenn sich das Lid nicht mehr schließen lässt, behandelt werden“, ergänzt Dr. Kahl.
Eine aktuelle kleine Studie von australischen, britischen, kanadischen und neuseeländischen Forschern ergab, dass Medikamente die Heilung einer Fazialisparese bei Kindern kaum verbessern. 57% derjenigen Kinder, die keine Medikamente einnahmen, erlangten die Gesichtsfunktion nach einem Monat wieder, 85% nach drei Monaten und 93% nach sechs Monaten. Unter denjenigen jungen Patienten, die mit Prednisolon (ein Glukokortikoid bzw. Kortison) behandelt wurden, erholten sich 49% nach einem Monat, 90% nach drei Monaten und 99% nach sechs Monaten. Bei Erwachsenen mit Bell-Lähmung hilft eine Behandlung mit Glukokortikoiden meist die Symptome zu verbessern, indem die Schwellung der Gesichtsnerven und Schäden minimiert werden. Bei Kindern ist dieser Effekt dieser kleinen Studie zufolge geringer.
Quellen: <link https: doi.org wnl.0000000000201164 _blank external-link-new-window external link in new>Neurology, <link https: dgn.org leitlinien _blank external-link-new-window external link in new>S2k-Leitlinie 2022, <link https: medicalxpress.com news _blank external-link-new-window external link in new>MedicalXpress, springermedizin.de
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