Forscher an der National University of Singapore (NUS) begleiteten Grundschulkinder in Singapur im Verlauf von fünf Jahren. Dabei fanden sie heraus, dass Kinder mit Eltern, die hohe Anforderungen an sie stellen, mit der Zeit immer mehr dazu neigen, mit sich selbst übermäßig kritisch zu sein. Kinder, die in der Studie ein hohes Maß an Selbstkritik demonstrierten, berichteten auch vermehrt von depressiven oder Angstsymptomen. Die Studie untersuchte, wie sich „ungesunder“ Perfektionismus bei Grundschulkindern in Singapur entwickelt.
"Wenn die Eltern sich zu sehr in das Leben der Kinder einmischen, können sie ihren Kindern damit signalisieren, dass das, was sie tun, nie gut genug ist. In der Folge fühlt sich das Kind sofort schuldig, wenn es einen Fehler macht, da es nicht „perfekt“ ist. Im Laufe der Zeit kann sich daraus ein unangepasster, übertriebener Perfektionismus entwickeln, der das Risiko für Depressionen, Angstprobleme und sogar Selbstmordgedanken erhöht“, erklärte Studienleiter Professor Ryan Hong von der Abteilung für Psychologie an der NUS-Fakultät für Geistes- und Sozialwissenschaften.
Diese NUS-Studie nahm zwei Aspekte eines unpassenden Perfektionismus bei Kindern unter die Lupe: Übermäßige Selbstkritik mit einem Hang zu großer Furcht vor Fehlern und sozial wahrgenommener Perfektionismus, bei dem Kinder glauben, dass andere unrealistisch hohe Erwartungen an sie haben.
Für die Studie rekrutierten Prof. Hong und sein Team Kinder aus 10 Grundschulen in Singapur im Alter von 7 Jahren. Für jede Familie nahm ein Elternteil teil, der mehr mit dem Kind vertraut war. Die Forschung wurde über einen Zeitraum von fünf Jahren durchgeführt, und zwar von 2010 bis 2014.
Während andere Studien zum Thema „krankhafter Perfektionismus“ sich in erster Linie auf Jugendliche und Studenten konzentrierten, beschäftigt sich die NUS-Studie erstmalig mit Grundschulkindern und dem Einfluss, den Eltern haben, wenn Kinder bereits in diesem Alter übermäßige Selbstkritik zu entwickeln beginnen.
Elterliche Übergriffe
Im ersten Jahr der Studie wurde beurteilt, wie sehr sich Eltern einmischten. Dafür sollten die siebenjährigen Kinder im Beisein eines Elternteils in einem bestimmten Zeitraum ein Puzzle zusammensetzen. Dem anwesenden Elternteil wurde gesagt, dass er oder sie bei Bedarf dem Kind helfen dürfe. Ein übergreifendes Verhalten der Eltern lag dann vor, wenn Vater oder Mutter das Spiel übernahmen, um einen Spielzug des Kindes rückgängig zu machen. Der Zweck dieser Aufgabe bestand darin, zu beobachten, ob Eltern die Problemlösungsversuche ihres Kindes störten, und dies unabhängig davon, ob das Kind Unterstützung brauchte.
Das NUS-Forscherteam dokumentierte das Verhalten der Teilnehmer. Im weiteren Verlauf wurden die Kinder, als sie acht, neun und elf Jahre alt waren, untersucht und beurteilt, inwieweit sie unangepassten Perfektionismus entwickelt hatten.
Die Analyse der Daten aller 263 teilnehmenden Kinder zeigte, dass etwa 60% von ihnen sehr selbstkritisch waren bzw. eine starke Tendenz zur Selbstkritik entwickelt hatten, während 78% der Kinder glaubten, dass andere an sie sehr hohe Erwartungen hätten – beides Formen von unangepasstem Perfektionismus. Beide Formen des Perfektionismus konnten die Experten bei 59% der Kinder nachweisen.
"Unsere Ergebnisse zeigen, dass in einer Gesellschaft, für die schulische Leistungen sehr wichtig sind, wie es in Singapur der Fall ist, Eltern häufig unrealistisch hohe Erwartungen an ihre Kinder stellen. Das führt dazu, dass Kinder ängstlich werden und fürchten, Fehler zu machen - weil sie 'perfekt' sein sollen, geben sie weniger gerne Fehler und Unzulänglichkeiten zu und suchen keine Hilfe, auch wenn sie sie bräuchten. Dies erhöht für sie das Risiko, dass sich ihre emotionalen Probleme verschärfen", erklärte Prof. Hong.
Nützliche Tipps für Eltern
Während es vielleicht unvermeidlich ist, dass die Eltern hohe Erwartungen an ihre Kinder haben, sollten sie darauf achten, ihre Kinder nicht zu sehr unter Druck zu setzen. "Kinder sollten ein positives Umfeld zum Lernen haben und erfahren, dass ein Teil des Lernens daraus besteht, Fehler zu machen und daraus zu lernen. Wenn Eltern sich zu sehr einmischen, verhindert dies eine fördernde Lernatmosphäre", ergänzte er.
Er gibt Eltern Tipps, wie sie beispielsweise nach Testergebnissen und Noten fragen können. So sollten Eltern nicht fragen: "Hast du die volle Punktzahl/eine Eins in dem Test bekommen?“, sondern: "Wie ist es dir in dem Test ergangen?". Denn bei der ersten Frage bekommt das Kind vermittelt, dass er oder sie die volle Punktzahl für den Test bekommen sollte oder eine Eins, während die zweite Frage ohne Erwartungen gestellt wird", schlägt Prof. Hong vor.
Prof Hong empfahl auch, dass Eltern sich bei schlechten Testergebnissen mit Rügen aufgrund der enttäuschten Erwartungen zurückhalten sollten. Stattdessen sollten die Eltern das Kind für seine / ihre Leistungen zuerst loben, bevor sie über die Fehler sprechen. Eltern sollten diese Gelegenheit nutzen, um Kindern zu zeigen, dass sie für die Zukunft daraus lernen können.
Quelle: <link http: www.healthnewsdigest.com news children_s_health_200 intrusive-parents-may-lead-children-to-be-overly-self-critical.shtml _blank external-link-new-window external link in new>HealthNewsDigest, <link https: www.newswise.com articles intrusive-parents-may-lead-children-to-be-overly-self-critical-nus-study _blank external-link-new-window external link in new>Newswise (Press release <link https: www.newswise.com articles intrusive-parents-may-lead-children-to-be-overly-self-critical-nus-study _blank external-link-new-window external link in new>National University of Singapore - NUS), <link http: onlinelibrary.wiley.com doi jopy.12249 abstract _blank external-link-new-window external link in new>Journal of Personality