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Erneuter Masernausbruch in Bayern

In den bayerischen Landkreisen Mühldorf am Inn und Rosenheim grassieren derzeit die Masern. Damit sind insgesamt seit Anfang des Jahres in Bayern fast 200 Erkrankungen gemeldet worden...

Die Masern grassieren wieder in Bayern. In den Landkreisen Mühldorf am Inn und Rosenheim sind in den letzten Tagen und Wochen mehr als 100 Kinder und Jugendliche erkrankt – insgesamt sind seit Anfang des Jahres in Bayern bisher fast 200 Erkrankungen gemeldet worden. Keiner der Betroffenen war gegen Masern geimpft. Beide Landkreise gehören zu den Regionen mit den niedrigsten Durchimpfungsraten in Bayern. Nur etwa 70% der Kinder im schulpflichtigen Alter sind vollständig gegen Masern geimpft (Daten der Schuleingangsuntersuchung 2006/2007). Notwendig wären Impfquoten von über 95%, um Masern in Deutschland zu eliminieren.

Im Landkreis Rosenheim sind seit Beginn der Woche auch Erkrankungen gemeldet worden, die in Verbindung mit dem Frühlingsfest in Wasserburg stehen. „Durch unsere Recherchen haben wir erfahren, dass ein schon ansteckungsfähiges Kind, bei dem die Erkrankung noch nicht ausgebrochen war, am 9.5.08 dieses beliebte Frühlingsfest besucht hat und möglicherweise weitere Menschen angesteckt hat. Die Inkubationszeit – also der Zeitraum zwischen Ansteckung und Ausbruch der Erkrankung – beträgt bei Masern etwa 14 Tage. Insofern ist es schwer zu sagen, wer noch betroffen sein könnte. Alle, die ungeschützt mit einer ansteckungsfähigen Person in Kontakt kommen, sind potenziell gefährdet – denn Masern sind hoch ansteckend“, warnt Dr. Stephan Gebrande vom Gesundheitsamt in Rosenheim. Seit Beginn des Ausbruchs im Landkreis versuchen die Behörden eine weitere Ausbreitung zu verhindern. Gemeinschaftseinrichtungen, in denen die Masern auftreten (6 Kindergärten und 7 Schulen), dürfen nur von Kindern und Schülern besucht werden, die gegen Masern geimpft sind oder die Krankheit nachweislich durchgemacht haben. Im Landkreis Mühldorf werden derweil täglich neue Fälle gemeldet. Inzwischen sind mehr als 50 Kinder erkrankt – die Dunkelziffer könnte noch höher sein. „In unserem Landkreis gibt es leider Eltern, die ihre Kinder bewusst nicht impfen lassen. Alle Kinder, die keine Masernimpfung vorweisen können, dürfen betroffene Gemeinschaftseinrichtungen nicht besuchen. Denn sie gefährden nicht nur sich selbst, sondern auch andere Kinder, die z.B. aufgrund eines Immundefektes nicht geimpft werden können. Masern sind keine harmlose Kinderkrankheit, sondern sehr gefährlich“, erläutert Dr. Irene Krenn-Lanzl vom Gesundheitsamt in Mühldorf.

Typisch für Masern sind hohes Fieber, entzündete, lichtempfindliche Augen und der charakteristische Ausschlag, der sich über den gesamten Körper ausbreiten kann. Häufig ist diese Virusinfektion von Lungenentzündungen und anderen schweren Komplikationen begleitet. Die gefährlichste ist die so genannte Masernenzephalitis – eine durch Masernviren ausgelöste Gehirnentzündung – ,die auch tödlich verlaufen kann.

Kinder- und Jugendärzte rufen zur Impfung auf –
ungeschützte EM-Touristen in Gefahr

Der Berufsverband der Kinder-und Jugendärzte (BVKJ) rät allen in den betroffenen Regionen dringend zur Impfung. „Nicht nur Kinder und Jugendliche, auch ungeschützte Erwachsene – die also weder geimpft sind, noch die Masern durchgemacht haben - sollten sich unbedingt impfen lassen. Je älter man ist, desto schwerer verläuft die Erkrankung. Und gerade bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen sind die Impflücken sehr groß. Eltern, die ihre Kinder nicht impfen lassen, handeln grob fahrlässig“, kritisiert Dr. Ursel Lindlbauer-Eisenach, niedergelassene Kinder- und Jugendärztin aus München.

Auch die bevorstehende Fußball-Europameisterschaft bereitet den Experten große Sorgen. Vor allem aus der Schweiz werden immer neue Fälle gemeldet. „Masern sind hoch ansteckend – wenn in einem Raum mit 100 ungeschützten Personen nur einer mit Masern infiziert ist, dann werden 99 Personen die Masern bekommen. Die Gefahr, sich in einem vollbesetzten Fußballstadion zu infizieren, ist also sehr realistisch“, warnt die Medizinerin, die auch Mitglied der Ständigen Impfkommission (STIKO) am Berliner Robert Koch-Institut (RKI) ist. Viele der teilnehmenden Fußballverbände haben sich inzwischen ebenfalls zur vorbeugenden Impfung entschieden. Neben dem Gastgeber Schweiz und der Türkei werden auch die deutschen Nationalspieler gegen Masern geimpft. Die STIKO empfiehlt die zweimalige Impfung gegen Masern. Die Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (GemBA) sieht den Einsatz einer Kombinationsimpfung gegen Masern, Mumps, Röteln und Windpocken vor, die Kinder ab dem 11. Lebensmonat im Abstand von vier Wochen bekommen sollten. Diese so genannte 4-fach-Impfung wird inzwischen bundesweit – außer in Bayern – von allen Krankenkassen erstattet.