Übergewicht und Bewegungsmangel im Kindesalter schädigen Muskel- und Knochenaufbau. „Heute sitzen Kinder täglich etwa 1,5 Stunden vor dem Fernseher – die Nutzung von Spielekonsolen und PC nicht mit eingerechnet“, berichtet Professor Dr. med. Bernd Kladny, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC) 2013. „Motorische Defizite nehmen hierdurch erheblich zu. Die Folge: Etwa ein Viertel aller Kindergartenkinder können weder einen Purzelbaum schlagen noch auf einem Bein hüpfen“, so der Chefarzt der Fachklinik Herzogenaurach, Abteilung Orthopädie und Traumatologie. Er führt aus, dass bei der Einschulung bis zu 75% aller Kinder grobmotorische Auffälligkeiten aufweisen. „Darüber hinaus zeigen Studien, dass etwa fünf Prozent der Kinder und Jugendlichen in Deutschland bereits unter Bluthochdruck leiden“, ergänzt Privatdozent Dr. med. Martin Engelhardt, Vorsitzender der Sektion orthopädische Sporttraumatologie der DGOOC. „Diese Situation ist alarmierend und hat für Betroffene und Gesellschaft fatale Folgen. Allein schlechte Ernährung und Bewegungsmangel kosten das Gesundheitssystem jährlich über 70 Milliarden Euro.“
Die Folgen von Übergewicht im KindesalterBewegen sich Kinder zu wenig, kann die Knochensubstanz nicht ausreichend aufgebaut werden. „Von dieser zehren wir ab dem 20. bis 25. Lebensjahr ein Leben lang“, erklärt Kladny. „Wachsende Knochen und Knorpel sind auf stimulierende Belastungsimpulse dringend angewiesen. Unterforderung, Fehlbelastung und Überlastung wirken sich schädlich aus“. Darüber hinaus muss die Muskulatur stets gefordert werden. Sie stabilisiert das Bewegungssystem und schützt vor Verletzungen und Gelenkverschleiß. Bereits regelmäßiges Training im Kindesalter baut dieses komplexe Zusammenspiel zwischen Nerven- und Bewegungssystem auf. Ein zu hohes Körpergewicht schadet dem Skelett und fördert Fehlwachstum und Haltungsschäden. Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt im Alter 5 bis 17 Jahren pro Tag eine Stunde körperlich anstrengende Bewegung. „Zudem sind auch soziale Komponenten von Mannschaftssportarten wichtig: Selbstkontrolle, Auffassungsgabe und soziale Fähigkeiten können durch den Sport wesentlich verbessert werden“, ergänzt Professor Dr. med. Wolfram Mittelmeier, Kongresspräsident DKOU 2012.Prävention schützt vor Folgeerkrankungen im AlterDie Experten der DGOOC, der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) und des Berufsverbandes der Fachärzte für Orthopädie und Unfallchirurgie e. V. (BVOU) fordern flächendeckende Präventionsprojekte, die bereits in Kindergärten und Schulen umgesetzt werden. „Das Problem `Sitzen statt Schwitzen´ kann nur bekämpft werden, indem der Schulsport wieder ausgebaut wird und spielerisch zur Erziehung zur lebenslangen Gesundheit beiträgt,“ so Mittelmeier. Denn rund 80 Prozent der übergewichtigen Kinder haben auch als Erwachsene ein zu hohes Körpergewicht, was die Grundlage für Volkskrankheiten wie Osteoporose, Gelenkverschleiß und Rückenschmerzen schafft. „In Italien gab es eine vorbildliche Initiative bezüglich des sogenannten `Sound Karate´, bei welchem Koordination mit Musikbegleitung gefördert wurde,“ ergänzt Mittelmeier. Auch der Behindertensport – ob privat betrieben oder professionell wie bei den Paralympics – könne die Mobilität und Selbständigkeit bei Handicaps erhalten und fördern.Aktionswoche „Zeigt her Eure Füße“„Wichtig ist, an dieser Stelle die Eltern als Vorbild ihrer Kinder sowie Fachmediziner als Berater und Präventionstrainer einzubinden“, verdeutlicht Dr. med. Andreas Gassen, Kongresspräsident des DKOU und Vizepräsident des BVOU. Der BVOU führt daher jährlich die Aktion „ Zeigt her Eure Füße“ in Grundschulen durch. „Fachkundige Orthopäden informieren Kinder an Grundschulen spielerisch über die Wichtigkeit ihrer Füße während des Wachstums und vermitteln ihnen Freude an Bewegung bei Spiel und Sport“, erklärt Gassen. In diesem Jahr findet die Aktionswoche vom 3. bis 7. Dezember statt.Quelle: Pressemitteilung der DGOOC