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Extreme bei Erstklässlern nehmen zu

Kinder- und Jugendärzte beobachten, dass die Unterschiede bei den Schulanfängern immer größer werden. Während die einen schon lesen können, haben die anderen Sprachprobleme. Nicht nur bei den kognitiven Fähigkeiten differiert das Niveau stark, sondern auch bei den motorischen: Viele Kinder können nicht auf einem Bein stehen, sich länger konzentrieren oder Regeln befolgen, während einige sehr geschickt sind. Für Grundschullehrer ist es eine schwierige Aufgabe, alle Kinder gleich zu fördern …

Nach Beobachtung von Kinder- und Jugendärzten geht die Schere zwischen zu wenig geförderten und besonders cleveren, gut erzogenen Kindern immer weiter auseinander. „Es gibt ganz pfiffige Kinder, die schon lesen können, bevor sie in die Schule kommen. Es gibt aber auch viele, die die Sprache nicht richtig beherrschen. Als Grundschullehrer stelle ich mir das sehr schwierig vor“, gibt der Vorsitzende des Landesverbandes der Kinder- und Jugendärzte in Sachsen-Anhalt, Dr. Wolfgang Lässig, zu bedenken.

Die Extreme seien auch bei den motorischen Fähigkeiten zu beobachten. Nach wie vor könnten viele Kinder nicht auf einem Bein stehen oder hüpfen. Auf der anderen Seite gebe es die Gruppe von Kindern, die das alles relativ gut beherrsche. Im Vergleich zu vor 20 Jahren gebe es auch mehr Übergewichtige. „Der Trend ist noch nicht gestoppt“, schätzte Lässig ein. Zum Beginn des neuen Schuljahrs werden nach Angaben des Kultusministeriums 15.800 Mädchen und Jungen eingeschult.

Autorität der Eltern schwindetBei der Lösung des Problems der Extreme ist Lässig nach eigenem Bekunden ratlos. „Ich halte es für einen Segen, dass viele Kinder in eine Einrichtung gehen. Dort wird viel getan.“ Allerdings reiche die Förderung in den Kindertagesstätten allein nicht. Die Eltern seien gefragt, ihren Kindern das Richtige vorzuleben. „Viele Eltern haben Schwierigkeiten mit dem Leben“, beobachtet Lässig. Sie seien bei der Erziehung unsicher. „Oft fehlt die Oma, die hilft, und selbst schon drei Kinder großgezogen hat“, erklärt der Mediziner.

Und: „Die Kinder akzeptieren zunehmend nicht das "Leittier Mutter"„, schilderte Lässig seine Beobachtungen aus den Sprechstunden; Studien aus Sachsen-Anhalt gebe es jedoch nicht. Es sei „ganz auffällig“, dass viele Kinder ihr nicht mehr gehorchen. „Sie toben durch die Sprechstunde und wollen sich nicht ausziehen, um abgehört zu werden.“ Die Mütter stünden ermahnend und doch hilflos da. „Die Kinder kennen zunehmend die Regeln nicht“, warnt Lässig, der in der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin im Krankenhaus St. Elisabeth und St. Barbara arbeitet.