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Frühkindliche Vernachlässigung zeigt langfristige Auswirkungen auf das Immunsystem

Nicht nur die Psyche, sondern auch der Körper zeigt längerfristige "Narben", wenn Kinder in der frühen Kindheit leidvolle Erfahrungen machen mussten. So ist das Immunsystem bei Jugendlichen, die als Kleinkinder vernachlässigt wurden, gegenüber anderen Teenagern auch nach über einem Jahrzehnt noch beeinträchtigt...

Frühkindliche leidvolle Ereignisse wie Vernachlässigung oder Missbrauch haben laut einer amerikanischen Studie auch noch in der Jugendzeit negative Auswirkungen auf das Immunsystem – auch wenn sich die Heranwachsenden längst in einem positiven Umfeld befinden. „Diese Studie zeigt, dass die frühe Lebensumgebung nicht nur wichtig für die seelische Entwicklung eines Kindes ist, sondern auch die körperliche beeinflussen kann. Demnach ist das Immunsystem bei Jugendlichen, die in ihrer Kindheit negative Erfahrungen gemacht haben, beeinträchtigt, auch wenn sich die Lebensumstände längst verbessert haben“, erklärt Dr. Monika Niehaus, Kinder- und Jugendärztin sowie Pressesprecherin des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) in Thüringen.

Die Wissenschaftler der Universität von Wisconsin-Madison und der Universität von New Orleans untersuchten die Stärke des Immunsystems bei Heranwachsenden mit einer problematischen Kindheit und solchen, die in liebevollen Familien aufgewachsen waren. Als Kriterium für die Stärke der Abwehrkräfte verwendeten sie die Reaktion des Immunsystems gegen das Herpes-Virus Typ 1 (HSV-1), die sie mit Hilfe der Antikörper-Menge im Speichel erhoben. „Dieses latente Virus trägt fast jeder in sich. Es kann, wenn das Immunsystem geschwächt ist, aktiv werden und Fieber- bzw. Herpesbläschen verursachen. Dann produziert der Körper auch vermehrt HSV-1-Antikörper. Das heißt, je weniger Antikörper die Forscher im Speichel messen konnten, desto kompetenter waren die körpereigenen Abwehrkräfte des Probanden. Durch die Bestimmung im Speichel und nicht im Blut schlossen die Forscher aus, dass aktuelle Stressoren mit gemessen wurden“, erläutert Dr. Niehaus die Studie. „Das traurige Fazit dieser Forschungsarbeit ist, dass selbst eine fürsorgliche Adoptions-Familie nicht alle Folgen einer leidvollen frühen Kindheit ganz ausmerzen kann.“