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Gelbsuchtrisiko steigt für Jugendliche aus Europa

Kinder und Jugendliche aus europäischen Ländern haben ein erhöhtes Risiko, sich bei Reisen mit Hepatitis A zu infizieren, da sie nicht - wie noch die Generationen vor ihnen - eine natürliche Immunität gegen diese Viruserkrankung in der frühen Kindheit erworben haben. Inbesondere in den beliebten Reiseländern Türkei, Ägypten und im Südosten besteht die Gefahr einer Erkrankung...

In Ländern mit hohen hygienischen Standards vollzieht sich laut aktuellen Untersuchungen eine Erweiterung des Ansteckungsrisikos für Gelbsucht (Hepatitis A) von den Erwachsenen hin zu immer jüngeren Bevölkerungsgruppen. Eine aktuelle italienische Studie zeigt, dass in der Toskana – einem Gebiet mit geringem Hepatitis-A-Risiko ähnlich wie in Deutschland – im Verlauf von 12 Jahren immer weniger Heranwachsende zwischen 15 und 20 Jahren eine Immunität gegen Hepatitis A aufwiesen. Ähnlich wie in Italien dokumentieren Blutuntersuchungen in Spanien bei mehr als 65% der Bevölkerung unter 40 Jahren eine fehlende Immunität gegen Hepatitis A. In Deutschland waren 2007 und 2008 Kinder und Jugendliche überproportional häufig von Gelbsucht betroffen, stellte das Robert Koch-Institut (RKI) in Berlin fest. „Junge Menschen erwerben die so genannte Reisegelbsucht bei Auslandsaufenthalten, wenn der hygienische Standard nicht so hoch wie im eigenen Land ist, aber auch zuhause durch importierte Erkrankungsfälle. In Regionen mit schlechter Wasserqualität, weniger fortschrittlicher Abwasseraufbereitung und geringen Auflagen für den Verkauf von Lebensmitteln besitzt die Mehrzahl der Kinder nach einer durchgemachten Erkrankung bereits Immunität. Diese fehlt ungeimpften Kindern und Jugendlichen in den meisten europäischen Ländern“, erklärt Dr. Ursel Lindbauer-Eisenach, Kinder- und Jugendärztin sowie Mitglied der Ständigen Impfkommission (STIKO) am RKI.

Ausbreitung: Landesgrenzen verlieren an Bedeutung
Neben Auslandsaufenthalten gewinnt der Import von Hepatitis A eine immer größere Rolle. In den Niederlanden gibt es mittlerweile Impfprogramme für Kinder mit marokkanischen und türkischen Herkunftsfamilien, um zu verhindern, dass durch Besuche bei Angehörigen Hepatitis A „mit nach Hause genommen“ wird. Denn in Ländern wie Marokko und der Türkei ist Hepatitis A noch weit verbreitet. Die niederländischen Immunisierungskampagnen konnten den Prozentsatz der Hepatitis-A-Erkrankungen unter den Kindern mit Migrationshintergrund um über die Hälfte reduzieren. Auch in Dänemark machten Wissenschaftler ähnliche Beobachtungen. Demnach betrafen 80% der Hepatitis-A-Erkrankungen in Dänemark zwischen 2002 und 2006 Immigranten oder deren Kinder. Laut der spanischen Impfkommission sollten minderjährige Risikopatienten neben einer Grippeimpfung auch eine Hepatitis-A-Impfung erhalten und – falls es der Kinder- und Jugendarzt für erforderlich hält – genauso andere Kinder und Jugendliche. „Durch die abnehmende Immunität in der europäischen Bevölkerung ist in Zukunft mit immer mehr epidemieartigen Ausbrüchen zu rechnen. Kinder und Jugendliche, die im Sommer mit ihren Eltern in den Mittelmeerraum reisen, sollten sich auf jeden Fall gegen Hepatitis A impfen lassen. Hier sind besonders die Länder Türkei, Ägypten und beliebte Reiseziele im Südosten wie Bulgarien zu erwähnen“, so Dr. Ursel Lindlbauer-Eisenach.

Typisch für eine Infektion mit Hepatitis A sind neben Fieber, Übelkeit, allgemeiner Abgeschlagenheit und Oberbauchbeschwerden, die Gelbfärbung von Haut und Augen. Ausgelöst wird diese "Gelbsucht" durch eine Funktionsstörung der infizierten Leber - in der Folge lagern sich Gallenfarbstoffe in der Haut ab. Die Symptome klingen in der Regel innerhalb einiger Wochen wieder ab - in schweren Fällen kann eine Erkrankung aber zu einem längeren Krankenhausaufenthalt oder sogar – insbesondere bei älteren Menschen oder bei Vorschädigung der Leber – zum Tode führen.