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Gesund und fit in den ersten Schultag

Vor dem ersten Schultag stellen sich Eltern von Erstklässlern viele Fragen: Wie kommt mein Kind mit dem neuen Lebensabschnitt zurecht? Ist es fit genug für den Schulalltag? Wie belastbar sollte es sein? Erste Antworten gibt es bereits bei der Schuleingangsuntersuchung U9, die im 60. bis 64 Lebensmonat ansteht. Neben den körperlichen Fähigkeiten werden dabei vom Kinderarzt auch das Sozialverhalten sowie die geistige und psychische Entwicklung überprüft…

Selbst wenn das Kind sehr zart, vielleicht sogar etwas untergewichtig ist: Wichtiger sei, dass es nicht zu schnell müde wird, sich eine halbe Stunde auf eine Sache konzentrieren kann und keinen Mittagsschlaf mehr braucht, erläutert Dr. Birgit Schmidt-Lachenmann vom Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) in München. „Kinder sind heute körperlich gesünder als früher“, so die Sprecherin des BVKJ-Ausschusses Kind, Schule und Gesundheit. Der Nachwuchs sei in der Regel gut genährt und durch Impfungen kaum von Kinderkrankheiten bedroht, Infekte lassen sich meist gut behandeln.

Mangelnde körperliche FähigkeitenKopfzerbrechen bereitet Experten allerdings die motorische Leistungsfähigkeit der Kinder. Diese sei in den vergangenen 20 Jahren um etwa 10% gesunken, erklärt Dieter Breithecker, Leiter der Bundesarbeitsgemeinschaft für Haltungs- und Bewegungsförderung in Wiesbaden. Zunehmend falle Schulanfängern die Körperkoordination schwer: Die Muskeln funktionieren nicht so, wie sie sollen, und die Bewegungen erscheinen eckiger, als sie sollten. Bei der U9 seien 30% der Kinder inzwischen nicht mehr in der Lage, eine Sekunde lang mit offenen Augen auf einem Bein zu stehen - sie verlieren sofort das Gleichgewicht.

Waren früher Schürfwunden und Armbrüche die klassischen Kinderunfälle, gebe es heute massivere Gesichtsverletzungen - „weil man nicht mehr fallen kann beziehungsweise nicht mehr darf“, befürchtet Breithecker. Eltern sagen offenbar zu schnell „Pass auf! Du könntest fallen“, sagt auch Ilka Seidel vom Deutschen Sportlehrerverband (DSLV) in Landau (Rheinland-Pfalz). Das solle vor Stürzen bewahren, hat aber die Folge, dass Kinder nicht mehr lernen, körperschonend zu fallen. „Kleine Blessuren gehören zum Aufwachsen dazu.“

Wieder mehr Bewegung in den Alltag integrierenBewegung ist daher das A und O für die Kleinen, so weit sind sich die Fachleute einig. Der Sportunterricht könne allerdings nicht zur „Reparaturwerkstatt“ werden, mahnt Seidel. Die Möglichkeiten in den zwei bis drei Stunden pro Woche seien begrenzt. „Und es muss nicht noch eine Gymnastik, Ballettschule oder sonstiger Kurs sein“, sagt Kinder- und Jugendärztin Dr. Schmidt-Lachenmann. Sinnvoller sei es, Bewegung in den Alltag zu integrieren - in der Schule wie in der Freizeit.

Das heißt zum Beispiel, die Treppe statt den Fahrstuhl zu nehmen, mal in den Wald zu gehen oder zur Schule zu laufen, statt per „Elterntaxi“ gebracht zu werden. „Kinder müssen lernen, sich in ihrer Umgebung zu bewegen“, sagt die Ärztin. Dazu gehört nach Ansicht von Seidel auch, dass Eltern Vertrauen in die Lehrer haben, wenn Kinder in der Pause toben. Zudem sollte der Hof einer Grundschule bewegungsfreundlich gestaltet sein: „Kinder brauchen Anregungen, damit sie sich gefordert und gefördert fühlen“, bemerkt Breithecker. Stelzen, Roller oder Gleiter zum Training und Klettergeräte, die herausfordern, seien sinnvoll.