Kinder mit psychisch kranken Eltern sind nach Angaben von Experten signifikant höheren Entwicklungsrisiken ausgesetzt als Kinder gesunder Eltern. Zu diesem Thema tagten Fachleute in Günzburg (Bayern) und berieten, welche Hilfen für diese Familien nötig und möglich sind. Der Ulmer Jugendpsychiater Dr. Michael Kölch beantwortete dazu Fragen.
Wie viele Kinder sind in Deutschland betroffen?
Für Deutschland gibt es Schätzungen, dass rund 500.000 Kinder einen oder zwei psychisch kranke Elternteile besitzen. In unserer Stichprobe hatten etwa 25% der Patienten, die sich stationär in Behandlung befanden, Kinder. Die Zahl dürfte eher höher liegen. Wenn man bedenkt, dass die Depression nach Einschätzung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in der Zukunft die häufigste Erkrankung in den Industrienationen sein wird, so ist die Bedeutung elterlicher Erkrankungen für die Entwicklung der Kinder abzusehen.
Was unterscheidet Kinder psychisch kranker Eltern von Kindern ohne diese Einflüsse?
Kinder mit einem psychisch kranken Elternteil sind eine Hochrisikogruppe für die Entwicklung eigener psychischer Störungen. Das Risiko, selbst eine psychische Störung zu entwickeln, liegt um den Faktor zwei bis drei höher als bei gesunden Eltern. Dabei zeigt die Forschung, dass die Kinder eine sehr breite Palette von verschiedensten Symptomen zeigen. Als besonders belastend haben sich schizophrene Erkrankungen bei Müttern für die Kinder erwiesen, aber auch depressive Störungen können ein starker Risikofaktor sein. Als Folge haben die Kinder oft Probleme mit der Regulierung ihrer Emotionen und der Entwicklung einer sozialen Kompetenz. Das Kind macht andere Bindungserfahrungen und besitzt andere Sozialisationsbedingungen durch eine psychisch kranke Mutter.