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HOMe: Wenn schwerkranke Kinder zu Hause sterben dürfen

Seit 2004 gibt es in München das Projekt „HOMe - Hospiz ohne Mauern“, dass es schwerkranken Kindern erlaubt, in ihrer letzten Zeit noch möglichst lange zu Hause zu sein. Ein Team aus Ärzten, Pflegekräften, Sozialpädagogen, Psychologen und Seelsorgern begleitet die Familien bis zum Tod des Kindes und in der Zeit danach. Ähnliche Modelle sind bayern- und bundesweit angestrebt ...

Bei vielen schwerstkranken Kindern ist die letzte Lebenszeit geprägt vom Krankenhausalltag - oft auf einer Intensivstation. Das Projekt „HOMe - Hospiz ohne Mauern“ in München hilft seit 2004, dass mehr Familien diese kostbare Zeit zu Hause verbringen können. Nun wird diese Arbeit gestärkt: Am 1. Januar übernahm die Projekt-Leiterin und Kinder- und Jugendäztin Monika Führer die Alfried Krupp von Bohlen und Halbach Stiftungsprofessur für Kinderpalliativmedizin an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) in München.

Führer weiß, wie nervenaufreibend es für Eltern ist, wenn sie den Alltag zwischen dem Kind im Krankenhaus, ihrem Beruf und gesunden Geschwistern aufteilen müssen. Die Versorgung zu Hause scheuen viele. „Die Eltern haben oft ganz große Angst, etwas falsch zu machen“, berichtet Führer aus ihren Erfahrungen. „Ziel unserer Arbeit ist es, für jede Familie ein individuell gestricktes Netz zu schaffen, in dem sie sich sicher fühlen kann.“ Ein Team aus Ärzten, Pflegekräften, Sozialpädagogen, Psychologen und Seelsorgern begleitet die Familien bis zum Tod des Kindes und in der Zeit danach.

Modell soll bayernweit Familien helfenSechs dieser pädiatrischen „Palliative Care Teams“ sollen nach den Wünschen der Arbeitsgemeinschaft Kinderpalliativmedizin in ganz Bayern eingerichtet werden. Außerdem soll am Klinikum der Universität München eine eigene Kinderpalliativstation mit acht Betten entstehen. Die Professur wird zudem die Forschungsarbeit intensivieren und das Thema Kinderpalliativmedizin auch den Studenten nahebringen - die allgemeine Palliativmedizin ist für Studenten der LMU bereits seit 2004 Pflichtfach.

Petra Hohn, Vorsitzende des Bundesverbandes Verwaiste Eltern in Leipzig, kennt die Probleme, die das Sterben eines Kindes mit sich bringt, aus ihrer Arbeit als eine von mehr als 300 ehrenamtlichen Trauerbegleitern in Deutschland. „Meistens sind die kranken Kinder die Starken“, hat sie beobachtet. „Bei meiner Arbeit habe ich oft gesehen, dass die Kinder recht weise reagieren und ihren Eltern noch Mut zusprechen.“ Gerade deshalb sei es wichtig, alle zu ermutigen, so viel Zeit wie möglich mit dem kleinen Patienten zu verbringen. „Das ist nicht nachholbar! Und später auf dem Weg in der Trauer wird es als Geschenk gesehen, so lange das Kind begleitet zu haben und diesem Kind alles gegeben zu haben.“

Geschwister nicht zu sehr ausschließenAuch Monika Führer hält nichts davon, die Geschwister auf Abstand zu halten, wenn eines von ihnen stirbt. „Die Fantasien, wenn das kranke Kind einfach nicht mehr aus dem Krankenhaus wiederkommt, sind viel schlimmer, als wenn die Geschwister das Sterben wirklich miterleben dürfen“, sagt sie. „Die meisten Kinder gehen mit dem Tod sehr natürlich um.“

Hand in Hand arbeitet das Münchner Projekt mit bestehenden Einrichtungen zusammen, wie etwa dem Ambulanten Kinderhospiz in München, dem Kinderhospiz St. Nikolaus in Bad Grönenbach oder dem Bunten Kreis aus Augsburg, nach dessen Modell bundesweit inzwischen mehr als 50 Nachsorgeeinrichtungen arbeiten. Städte wie München, Dresden oder Datteln, wo im Juli die bundesweit erste Professur für Kinderpalliativmedizin besetzt wurde, seien gut aufgestellt, sagt der Geschäftsführer des Qualitätsverbundes Bunter Kreis, Andreas Podeswik. Vor allem auf dem Land und in den neuen Bundesländern sei die Versorgung für betroffene Familien aber noch mäßig.

Petra Hohn von den Verwaisten Eltern ist angesichts des Münchner Projektes zuversichtlich, bedauert sie doch die Tabus, die in diesem Bereich bei vielen bestehen. „Tod, Trauer und Sterben bei Kindern und Jugendlichen ist nach wie vor ein Angstthema“, erklärt sie. Dabei müsse gerade für die Hinterbliebenen viel getan werden, denn Sterben und Trauer gingen in ganz andere Richtungen. „Der Sterbeprozess geht in den Tod und die Trauer geht zurück ins Leben.“