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Keine Bedenken gegen Fluorid-Präparate

Belgien will als erstes europäisches Land den Verkauf von Fluorid-Mitteln verbieten. Doch deutsche Mediziner und das Gesundheitsministerium teilen diese Entscheidung keinesfalls. Fluoride sind in der Kariesprophylaxe unerlässlich. Herr Prof. von Mühlendahl, Chefarzt vom Osnabrücker Kinderhospital, beruhigt verunsicherte Eltern...

Fluorid-Präparate werden in Europa vor allem bei Kindern zur Kariesvorbeugung empfohlen. Aus Angst vor einer Unterversorgung werden daher neben frei verkäuflichen Tabletten Fluor-Salze (Fluoride) auch Zahnpflegemitteln, Speisesalz und in einigen Regionen dem Trinkwasser zugesetzt.

Doch es macht sich eine zunehmende Skepsis gegenüber Fluorid-Produkten breit. Belgien will als erstes europäisches Land den Verkauf von Fluor-Mitteln verbieten. Der Grund für das geplante Verbot sind laut einer ZDF-Sendung neue wissenschaftliche Studien über die Nebenwirkungen des Minerals: "Zwar härtet Fluorid den Zahnschmelz, es entzieht aber auch Kalk aus Knochen und Zähnen und macht diese brüchig. Bei hohem Fluorid-Konsum könne es sogar zu Knochenabbau, Knochenkrebs, Schädigungen des Immunsystems, Müdigkeit und Depressionen kommen." Deutschland folgt diesem Beschluß nicht - laut Bundes­gesundheitsministerium besteht kein konkreter Verdacht auf die Schädlichkeit von Fluorid-Produkten.

Um die Bedeutung und Risiken von Fluoriden in der Entwicklung von Kindern besser einschätzen zu können, bat die Redaktion “Kinder- & Jugendärzte im Netz” Chefarzt Prof. Karl Ernst von Mühlendahl vom Kinderhospital in Osnabrück um seine Einschätzung.

Herr Prof. von Mühlendahl, was ist dran an den Bedenken der Belgier? Wie schätzen Sie die Gefahren von Fluorid gegenüber seinem Nutzen in der Kariesvorsorge ein? Ist es lediglich eine Frage der Dosierung?
Seit Mitte der Siebziger Jahre wiederholen sich solche unfundierten Behauptungen, die aber immer schwer zu widerlegen sind, denn Unschädlichkeit nachzuweisen, ist aus methodischen Gründen praktisch unmöglich: Fluorid beeinträchtige die Intelligenz, führe zu Trisomie 21, mache Krebs usw. All das ist immer sehr wenig überzeugend dargelegt worden. Hier reihen sich die Behauptungen der ZDF-Sendung an. Die erwähnten wissenschaftlichen Studien müsste man sich doch zunächst einmal gut ansehen. Fluorid wird zur Osteoporose-Behandlung (Dosierung: ca. 50 mg pro Tag) eingesetzt. Dosisabhängig also kommt es zu einer Besserung der Osteoporose oder – bei sehr hohen Dosen – auch zu einer Fluorose der Zähne und Knochen. Krebs, Immunschäden, Müdigkeit, Depressionen: Das muss nicht nur behauptet, sondern auch bewiesen werden. Die in Deutschland gewählte und empfohlene Dosierung halte ich für sicher!

Für wie sinnvoll erachten Sie den Zusatz von Fluoriden in Zahnpflegeprodukten und Lebensmitteln?
Die Tatsache, dass Unterversorgung mit Fluorid die Kariesentstehung begünstigt, ist vielfach belegt. Das Trinkwasser in Deutschland enthält vielerorts nicht ausreichend Fluorid, um die notwendige Versorgung sicherzustellen. Hier muss substituiert werden, zunächst mit Fluorid-Tabletten, im Laufe des weiteren Lebens mit fluorhaltigen Zahnpasten.

Was empfehlen Sie konkret den verunsicherten Eltern?
Eltern sollen sich nicht durch jeden Fernsehkommentar und jede Pressemeldung verunsichern lassen. Verstehen die Reporter und Berichterstatter denn wirklich so viel von der Problematik? Sie sollen dort Rat holen, wo er kompetent gegeben werden kann, etwa bei ihren Kinder- & Jugendärzten. Diese wiederum informieren sich bei Fachleuten, die sich wissenschaftlich oder in ihrer klinischen, ärztlichen Tätigkeit mit dieser Problematik befassen.