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Kinder kommen immer früher in die Pubertät

Hält der Trend zur früheren Pubertät an, setzt die Geschlechtsreife bei Mädchen und Jungen im Jahr 2010 im Durchschnitt mit zehn Jahren ein...

In Deutschland waren die Mädchen der Altersjahrgänge 1977 bis 1980 im Durchschnitt im Alter von 12,75 Jahren und Jungen mit 13,06 Jahren geschlechtsreif. "Die Altersspanne ist dabei enorm", so Prof. Dr. Norbert Kluge von der Universität Koblenz-Landau. Bei den Mädchen trat die erste Regelblutung dem Forscher zufolge im Alter zwischen 9 und 17 Jahren ein. Bei den Jungen kam es zum ersten Samenerguss zwischen 7 und 17 Jahren.

Statistiken, die bis in das 19. Jahrhundert zurückreichen, belegen: 1860 hatten die Frauen im Durchschnitt erst mit 16,6 Jahren ihre erste Regel. Nach Angaben des Sexualforschers bekommt bei der momentanen Entwicklung jeder Altersjahrgang rund zwei Monate früher als der vorangegangene Jahrgang seine erste Menstruation oder den ersten Samenerguss. Bei Jungen geht laut Professor Kluge dieser Prozess sogar noch etwas schneller voran als bei Mädchen. Die körperlichen Entwicklungsabstände zwischen Jungen und Mädchen verringern sich.

Besserer Ernährungszustand der Kinder
Gründe dafür sind vermutlich eine bessere medizinische Versorgung, aber vor allem eine reichhaltigere Ernährung. So setzt die erste Regel erst ein, wenn ein Fettanteil am Körpergewicht von 20% erreicht ist. "In Krisenzeiten, zum Beispiel während der beiden Weltkriege, war die Vorverlagerung der Geschlechtsreife nicht so stark festzustellen", erläutert Professor Kluge. Laut einer amerikanischen Studie sind früh pubertierende Mädchen meist schwerer als ihre Altersgenossinnen. Auch Stressfaktoren oder Umweltchemikalien, vor allem Stoffe mit ähnlicher Wirkung wie das Geschlechtshormon Östrogen, könnten Experten zufolge eine Rolle spielen.

Auf eine andere Ursache glauben Wissenschaftler aus Italien gestoßen zu sein: Das Dauerfernsehen soll einer der Gründe für die frühe Pubertät sein. TV- und PC-Schirme beeinflussten bei exzessiver Nutzung durch Licht und Strahlung die Hormone, u.a. Melatonin, das im Körper den Tag- und Nacht-Rhythmus steuert. Bei exzessivem Fernsehkonsum war die Melatonin-Produktion niedriger als bei "Enthaltsamen". Allerdings soll laut den italienischen Forschern ein ganzes Bündel von möglichen Ursachen dabei eine Rolle spielen. Tierversuche legen nahe, dass eine niedrige Melatonin-Konzentration mit am früheren Eintreten der Pubertät beteiligt ist.

Frühe kindgerechte Aufklärung
Wissenschaftler verweisen in diesem Zusammenhang auch auf den Anstieg der ausgetragenen und abgebrochenen Teenager-Schwangerschaften in Deutschland: Wurden 1996 zum Beispiel bei den 10- bis 14-Jährigen 365 Abtreibungen registriert, so waren es 2003 schon 715. Dagegen lagen die gemeldeten Abbrüche von Frauen aller Altersgruppen im vergangenen Jahr mit 128.030 unter denen von 1996 (130.899 Abbrüche).

Professor Kluge fordert, dass Kinder viel früher als bisher über ihre sexuelle Reife und die Pubertät aufgeklärt werden sollten, spätestens in der Grundschule. Auch Eltern sollten nicht erst auf die Fragen ihres Nachwuchses warten. Dabei sollten Eltern aber nicht vergessen, dass ein 8 Jahre altes Mädchen, das aussieht wie 12 oder 13, sich immer noch wie ein 8 oder 9 Jahre altes Mädchen benimmt.