Um hörgeminderten Kindern das Verständnis zu erleichtern, sollten Eltern sie beim Sprechen anschauen, damit ihr Kind zusätzliche Informationen über den Gesichtsausdruck und die Lippenbewegung erhalten kann. „Wichtig ist es auch, dass Mutter und Vater das Gesicht nicht mit der Hand verdecken oder mit vollem Mund reden. Hat Ihr Kind Probleme, das Gesagte zu verstehen, ist es besser den ganzen Satz zu wiederholen statt nur Satzteile oder Wörter. Unter Umständen hilft auch eine andere Formulierung“, rät Dr. Thomas Fendel vom Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte e.V. (BVKJ). Angeborene Hörstörungen sind in Deutschland nicht selten: etwa jedes tausendste Kind wird mit einer dauerhaften beidseitigen Hörstörung geboren. Auch bestimmte Krankheiten erhöhen das Risiko für eine Hörminderung, wie z.B. häufige akute oder chronische Ohrentzündungen, Mumps, Masern, Down-Syndrom, Gaumenspalten. In Deutschland sind ca. 500.000 Kinder hörgestört. Etwa 16% von ihnen müssen deshalb eine Förderschule besuchen.
Damit die sprachliche, soziale und emotionale Entwicklung des Kindes möglichst wenig durch eine angeborene oder frühe Hörstörung beeinträchtigt wird, sollte diese im ersten Lebensjahr entdeckt und behandelt werden. Nach Daten des Deutschen Zentralregisters für kindliche Hörstörungen erhalten Kinder häufig zu spät Hilfe, d.h. durchschnittlich im Alter von zwei bis sechs Jahren. Mittlerweile können z.B. spezielle elektronische Hörhilfen, so genannte Cochlea-Implantate, schon Babys ab drei bis sechs Monaten das Hören ermöglichen. „Eltern sollten genau beobachten, wie ihr Kind auf verschiedenartige Töne reagiert. In der vierten bis sechsten Lebenswoche sollten Säuglinge bei lauten Geräuschen erschrecken, ab dem dritten bis vierten Lebensmonat sollten Kinder die Augen in Richtung einer Lärmquelle bewegen“, so der Vorstandsvorsitzende von PaedNetz Bayern. Auch eine verzögerte Sprachentwicklung kann auf eine Hörstörung hinweisen: So sollten Säuglinge ab 10 bis 12 Monaten reagieren, wenn Eltern sie aus einem Meter Entfernung ansprechen und mit zwei Jahren sollten Kinder mit Zwei-Wort-Sätzen beginnen. Im Rahmen von Vorsorgeuntersuchungen kontrolliert der Kinder- und Jugendarzt immer wieder die Hörfunktion des Kindes, insbesondere bei kleinen Risikopatienten, wie z.B. Frühgeborenen oder bei Hörstörungen in der Familie. Bei Unsicherheiten sollten Eltern aber ihren Kinder- und Jugendarzt auch außerhalb einer Vorsorgeuntersuchung konsultieren. Verschiedene Pilotprojekte überprüfen zur Zeit in Deutschland, ob ein Hörscreening bei allen Neugeborenen eingeführt werden soll.