Ein in Deutschland bislang einmaliges Projekt starten die Kaufmännische Krankenkasse (KKH), die Deutsche BKK und der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte. Zum 1. Januar 2008 stehen allen Kindern, die bei der KKH oder der Deutschen BKK versichert sind, zusätzliche Vorsorge- und Früherkennungsuntersuchungen zur Verfügung. Die Initiatoren reagieren damit vor allem auf die veränderten gesellschaftlichen Bedingungen. "In unserer modernen Zeit leiden viele Kinder zum Beispiel unter Entwicklungsdefiziten in den Bereichen Sprache, Bewegung und Sozialverhalten. Hinzu kommen Allergien, Übergewicht und Störungen der Psyche. Den veränderten Krankheitsbildern wurden die bisherigen Vorsorgeuntersuchungen nicht mehr in vollem Umfang gerecht", betont Ingo Kailuweit, Vorstandsvorsitzender der KKH.
Erkrankungen haben sich weiterentwickelt, neue Störungsbilder sind hinzugekommen. "An den Krankheiten unserer Kinder sind aber auch die Probleme unserer Gesellschaft abzulesen", so Ralf Sjuts, Vorstandsvorsitzender der Deutschen BKK.
Drei weitere Früherkennungsuntersuchungen werden die bisherige Vorsorge ergänzen. "Die so genannten U-Untersuchungen werden dann um die U7 a, die U10 und die U11 erweitert. Aus medizinischer Sicht betreten die beiden Krankenkassen damit ein äußerst sinnvolles Neuland und investieren in primäre Prävention, die gerade bei Kindern von höchster Bedeutung ist und sich langfristig auszahlt", erklärt Dr. med. Wolfram Hartmann, Präsident des BVKJ. Teilnehmen können alle Kinder- und Jugendärzte in Deutschland sowie alle Kinder in der entsprechenden Altersgruppe.
Angesichts der aktuellen Diskussion ist der Vertrag neben weiteren Vorsorgeuntersuchungen auch ein Baustein zu einem besseren Schutz von Kindern vor Krankheit, Vernachlässigung und Gewalt. Kailuweit: "Kinder sind die schwächsten Glieder in einer Gesellschaft. Ihr Wohl muss daher von allen Seiten besonders geschützt werden." Auch die gesetzlichen Krankenkassen seien hier in der Pflicht. "Als moderne Dienstleistungsunternehmen haben wir mit der
Angebotserweiterung prompt reagiert", sagt Sjuts. Den Kinder- und Jugendärzten kommt mit dem Vertrag auch eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe zu. "Zusätzlich zum Schutz der Kinder kann durch eine bessere Vorsorge auch die frühzeitige Förderung der einzelnen Kinder stärker in den Fokus rücken", so Hartmann.
Hintergrund: Die U-Untersuchungen im Überblick
- U1 (direkt nach der Geburt): Untersuchung von Herz, Lunge, Hautfarbe, Sauerstoffgehalt des Blutes, Muskelspannung und Reflexen
- U2 (dritter bis zehnter Lebenstag): erste Grunduntersuchung von Kopf bis Fuß - u. a. Organe, Geschlechtsteile, Haut, Knochen, Nervensystem, Hüftgelenk, Stoffwechsel
- U3 (vierte bis sechste Lebenswoche): Untersuchung von Körperfunktionen, Hörvermögen, Bewegungsverhalten, Ernährungszustand, Gewicht, Impfungen
- U4 (dritter bis vierter Lebensmonat): gründliche Untersuchung - u. a. von Organen, Geschlechtsteilen, Hör- und Sehvermögen, Fontanelle, allgemeiner Beweglichkeit, Reaktionsvermögen, Impfungen
- U5 (sechster bis siebter Lebensmonat): Überprüfung u. a. der Beweglichkeit und Körperbeherrschung, des Hör- und Sehvermögens, ggf. Wiederholungsimpfungen
- U6 (zehnter bis zwölfter Lebensmonat): Untersuchung u. a. der Körperfunktion, der Beweglichkeit, der Körperbeherrschung, Hinweis auf Zahnpflege, Impfungen - ggf. Wiederholungsimpfungen
- U7 (21. bis 24. Lebensmonat): Zweijahresuntersuchung - u. a. Überprüfung der geistigen Entwicklung, Wiederholungsimpfungen
- U7a (33. bis 39. Lebensmonat): Allergien, Sozialisationsstörungen, Übergewicht, Sprachentwicklung, Zahn-, Mund- und Kiefergesundheit
- U8 (dreieinhalb bis vier Jahre): Kontrolle der Funktionstüchtigkeit der Organe, des Hör- und Sehvermögens, der Sprachentwicklung und Körperbeherrschung
- U9 (fünf Jahre): umfangreiche Überprüfung von Kopf bis Fuß - Organfunktionen, Seh- und Hörvermögen, grob- und feinmotorische Entwicklung, Körperhaltung, geistige, seelische und soziale Entwicklung, Sprachvermögen, Kontrolle des Impfpasses auf Vollständigkeit
- U10 (sieben bis acht Jahre): Lese- und Rechtschreibvermögen, motorische Entwicklung, Verhaltensstörung, ADHS
- U11 (neun bis zehn Jahre): Bewegungs- und Sportförderung, Medienverhalten, Aufklärung über die Gefahren von Suchtmitteln.