Gleichzeitig erlebt Deutschland seit einigen Jahren einen fast historischen Babyboom. 2020 hatte bereits mehr als jedes zweite Baby bei seiner Geburt bereits Geschwister. Im Jahr 2020 kamen nach einer Schätzung des Statistischen Bundesamtes (Destatis) von insgesamt etwa 770.000 Neugeborenen rund 360.000 (47 %) als erstes Kind zur Welt. 270.000 (35 %) Babys wurden als zweites Kind und 140.000 als drittes oder weiteres Kind (18 %) der Mutter geboren. Im Vergleich zum Jahr 2009, als die Angaben zur vollständigen Geburtenfolge der Frau zum ersten Mal im vereinigten Deutschland erhoben wurden, haben sich die Zahlen und die Anteile der ersten und weiteren Kinder spürbar verändert. Im Jahr 2009 wurden mit rund 665.000 Geburten noch etwa 105.000 weniger Kinder geboren als 2020. Der Anteil der ersten Geburten war damals mit 50 % höher, derjenige der zweiten (34 %) sowie der dritten und weiteren Geburten (16 %) dagegen niedriger als im Jahr 2020.
Die medizinische Versorgung der Kinder wird immer schwieriger, vor allem in den Randlagen der Städte und auf dem Land müssen Kolleginnen und Kollegen heute schon oft Patienten abweisen. Wenn die Politik nicht bald mehr Medizinstudienplätze schafft und vor allem die Niederlassung attraktiver macht, müssen Eltern und Kinder in Zukunft noch längere Wartezeiten und vor allem auf dem Land noch weitere Wege bis zur nächsten Praxis bewältigen. Vor allem für die wachsende Zahl chronisch kranker Kinder und Jugendlicher bedeutet diese Entwicklung nichts Gutes.
Warum es heute schon zu wenig Kinder- und Jugendärzte in Deutschland gibt Der Bedarf an Kinder- und Jugendärzten wurde berechnet, als niemand den aktuellen Babyboom ahnte. Außerdem: Wir niedergelassenen Kinder- und Jugendärztinnen übernehmen immer mehr die Versorgung, die früher in den Kliniken geleistet wurde. Wir versorgen Kinder und Jugendliche mit Herzfehlern, schweren Allergien und Lungenkrankheiten, Rheuma etc. Dadurch fehlen Ressourcen für die medizinische Grundversorgung von Kindern und Jugendlichen.
Wie wir die ambulante Pädiatrie retten können
Die junge Ärztegeneration verlangt - zu Recht - familienkompatible Arbeitszeiten. Wir brauchen daher deutlich mehr Kinder- und Jugendärzte als heute, wenn wir die Qualität der Gesundheitsversorgung halten und weiter verbessern wollen.
Mehr Medizinstudienplätze
Es müssen also deutlich mehr junge Mediziner in unserem Fach ausgebildet werden. Vor der Wiedervereinigung gab es insgesamt rund 13.500 Studienplätze in West- und Ostdeutschland. Nach der Wende sank die Zahl teilweise auf unter 10.000 bundesweit und liegt aktuell bei rund 11.000. Das ist deutlich zu wenig. Experten und sogar das Bundesgesundheitsministerium schätzen, dass wir mindestens 15.000 Studienplätze brauchen, um die Qualität der medizinischen Versorgung zu sichern.
Bund und Länder müssen den Ausbau der Medizinstudienplätze gemeinsam stemmen.
Weniger Bürokratie
Weiterhin müssen wir die überbordende Bürokratie eindämmen, die viele junge Mediziner und Medizinerinnen von der Niederlassung abhält. Derzeit verbringen wir pro Monat im Durchschnitt zusammengerechnet mehr als zwei Arbeitstage mit Bürokratie, d.h. mit Überweisungen, mit Auskünften an die Krankenkassen, Arbeitgeber der Eltern, die KV, Städte und Kommunen. Aktuell impfen viele Kolleginnen und Kollegen gegen Corona, dafür müssen sie mehrere Papierseiten ausfüllen, Daten aufnehmen, eingeben und noch einmal zentral an die Impfzentren weitergeben. Dort müssen sie noch mal ausgewertet und eingegeben werden. Das Beispiel zeigt, dass die Potenziale der Digitalisierung endlich intensiviert werden müssen.“
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Dies ist eine Pressemeldung des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte e.V. (BVKJ). Der Abdruck dieser Pressemeldung oder von Teilen des Artikels ist unter folgender Quellenangabe möglich: www.kinderaerzte-im-netz.de. Bei Veröffentlichung in Online-Medien muss die Quellenangabe auf diese Startseite oder auf eine Unterseite des BVKJ-Elternportals verlinken. Fotos und Abbildungen dürfen grundsätzlich nicht übernommen werden.