Kinder- & Jugendärzte im Netz

Ihre Haus- und Fachärzte von der Geburt bis zum vollendeten 18. Lebensjahr

Herausgeber:

Kinder- und Jugendärzte fordern vier neue Vorsorgeuntersuchungen und Ausbau des Öffentlichen Gesundheitsdienstes

Das bisherige Vorsorgeprogramm mit zehn Vorsorgeuntersuchungen ist nicht ausreichend, um mangelnden Spracherwerb, Übergewicht und Störungen der sozialen Entwicklung, die bei Kindern und Jugendlichen dramatisch zunehmen, rechtzeitig zu erkennen und zu behandeln. Dafür sind laut dem Berufsverband für Kinder- und Jugendärzte zusätzliche Vorsorgeuntersuchungen und Hilfsstrukturen erforderlich. Vor allem der öffentliche Gesundheitsdienst und eine qualifizierte pädagogische Betreuung für junge Kinder sollten ausgebaut werden...

„Mangelnder Spracherwerb, Übergewicht und Störungen der sozialen Entwicklung nehmen bei Kindern und Jugendlichen dramatisch zu. Unbehandelt können sie die Schullaufbahn und das gesamte spätere berufliche und soziale Leben negativ beeinflussen. Das bisherige Vorsorgeprogramm, das aus zehn Früherkennungsuntersuchungen besteht, reicht heute nicht mehr aus, diese Gefahren frühzeitig zu erkennen und entsprechende Hilfen einzuleiten Wir benötigen daher dringend zusätzliche Vorsorgeuntersuchungen, um unsere Möglichkeiten der vorausschauenden Beratung der Eltern zu verbessern. Gleichzeitig brauchen wir aber auch Hilfsstrukturen, die sich um auffällige Kinder kümmern. Insbesondere brauchen wir einen Ausbau des öffentlichen Gesundheitsdienstes und einen Ausbau qualifizierter pädagogischer Betreuung für junge Kinder.“ Mit diesen Worten wandte sich heute in Köln der Präsident des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte, Dr. med. Wolfram Hartmann an die Verantwortlichen in Politik und Krankenkassen und warb für ein erweitertes Vorsorge- und Hilfesystem. Mit dem bestehenden Netz der Vorsorgeuntersuchungen, so Dr. med. Wolfram Hartmann weiter, sei eine frühzeitige Erkennung von Störungen und deren Behandlung in vielen Fällen nicht machbar, da das System große zeitliche Lücken in wichtigen Phasen der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen habe. So finde in den Altersspannen zwischen zwei und vier Jahren und fünf bis 12 Jahren für gesetzlich versicherte Kinder und Jugendliche keine einzige Früherkennungsuntersuchung statt. Privat Versicherten stehe dagegen bis zum Alter von 14 Jahren pro Jahr bereits eine von den privaten Kassen erstattete Vorsorge verbindlich zu.
„Nur wenn es uns gelingt, Entwicklungsstörungen rechtzeitig zu beheben oder besser noch zu verhüten, haben Kinder und Jugendliche eine berufliche und soziale Perspektive,“ betonte Hartmann. Kinder- und Jugendärzte bieten ihren Patienten heute bereits die vier neuen Vorsorgeuntersuchungen im Alter von 3, 7-8, 9-10 und 16-17 Jahren an. Als besonders wichtig betrachten sie dabei die Vorsorge U7a im Alter von 3 Jahren, weil sie hier anders als bisher frühzeitig sprachliche Entwicklungsdefizite erkennen können. Dr. med. Wolfram Hartmann: „Sprachentwicklungsdefizite zum Einschulungszeitpunkt sind ein ganz wesentlicher Grund für Schulabbrüche bzw. niedrige Schulabschlüsse. Kinder ohne Schulabschluss haben aber auf dem Arbeitsmarkt keine Chance und fallen in die sozialen Netze.“

Dr. Hartmann forderte den Staat auf, seiner Fürsorgepflicht nachzukommen und die jetzt noch privat zu bezahlenden neuen Vorsorgen als Kassenleistung anzumahnen. Nur so könnten vor allem die von Entwicklungsdefiziten besonders bedrohten Kinder aus einkommensschwachen und bildungsfernen Familien die Vorsorgen ebenfalls nutzen und rechtzeitig Hilfe bekommen.
Neben der Früherkennung von Entwicklungsstörungen und anderen Auffälligkeiten ist nach Ansicht des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte der so genannte Bestätigungseffekt von großer Bedeutung. Dr. med. Wolfram Hartmann: „Eltern, die heutzutage durch die Medien mit Erziehungs- und Gesundheitstipps überschüttet werden, sind häufig verunsichert. Die Bestätigung durch den Kinder- und Jugendarzt bei einer Vorsorgeuntersuchung, dass ihr Kind altersgemäß entwickelt ist und zuhause gut gefördert wird, entlastet die Eltern, bestätigt sie und gibt ihnen Sicherheit für den weiteren Erziehungsweg.“