Am 6. November 2002 rief der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) zum 1. Deutschen Impftag unter Schirmherrschaft von Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt auf - bundesweit laufen diese Woche hierzu Aktionen. Der BVKJ möchte mit dieser Initiative die Bevölkerung über das Thema "Impfschutz" aufklären, auf den großen Nutzen in der Gesundheitsvorsorge hinweisen und Ängste nehmen.
Zentralveranstaltung in Berlin
Durch die Berliner Zentralveranstaltung zum 1. Deutschen Impftag führte BVKJ-Pressesprecherin Dr. Gunhild Kilian-Kornell. In einer einstündigen Pressekonferenz informierte sie zusammen mit den Referenten Dr. Klaus Gritz, BVKJ-Präsident, Prof. Heinz-J. Schmitt, Vorsitzender der Ständigen Impfkommission (STIKO) vom Robert Koch-Institut und Eisschnelllauf-Weltmeisterin Gunda Niemann-Stirnemann die Medien über das Potenzial von Impfungen und die aktuelle Impfsituation in Deutschland.
Deutschland ist bei Kinder-Impfraten Schlusslicht in Europa
"Die Deutschen lassen ihre Kinder zu wenig impfen", beklagte Dr. Gritz. "Immer wieder kommt es zu Massenerkrankungen, weil Kinder ohne Impfschutz in den Kindergarten oder in die Schule kommen". Dies zeigte als jüngstes Beispiel die schwere Masern-Epidemie in Coburg/Bayern. Bei den Kinder-Impfraten gehört Deutschland neben Italien zu den Schlusslichtern in Europa. Die von der Weltgesundheitsorganisation angestrebte Ausrottung der Masern bis 2007 kann die Bundesrepublik daher gegenwärtig nicht erreichen. "Bundesweite Masern-Durchimpfungsraten von 80% sind einfach nicht gut genug, 95% sind notwendig", erläuterte Dr. Gritz.
Unwissenschaftliche Impf-Mythen
Gründe für die Impfmüdigkeit in Deutschland sind häufig Unkenntnis oder Gleichgültigkeit der Eltern. Eltern stufen "Kinderkrankheiten" wie z. B. Masern und Röteln als harmlos ein, weil sie die Schreckensbilder anderer Infektionskrankheiten wie Pocken und Polio, die dank Impfungen in Europa ausgerottet wurden, nicht mehr kennen. "Da geistern viele Mythen durch die Köpfe", erklärte Prof. Heinz-J. Schmitt. Ein weit verbreiteter Irrglaube ist, dass das "Durchmachen" einer Kinderkrankheit für die normale Entwicklung eines Kindes wichtig sei. "Richtig ist dagegen, dass viele dieser Krankheiten bleibende Schäden hinterlassen können, weil die Kinder nicht geimpft wurden", argumentierte Prof. Schmitt. Eine rechtzeitige Impfung mit heute hoch entwickelten Impfstoffen ist auf jeden Fall besser für die Gesundheit eines Kindes als der Ausbruch einer Kinderkrankheit mit eventuellen lebensgefährlichen Komplikationen, betonte auch Dr. Gritz.
Gesellschaftliche Verantwortung
Für Gunda Niemann-Stirnemann war es selbstverständlich, ihre kleine Viktoria impfen zu lassen. Sie möchte ihr Kind bestmöglich schützen und sieht im Impfen auch eine gesellschaftliche Verantwortung, sagte der erfolgreiche Eisprofi. Selbst hat die mehrfache Olympiasiegerin gute Erfahrungen mit Impfungen gemacht, impfpräventable Infektionskrankheiten konnten ihre sportliche Karriere nicht belasten. Sie lässt ihren Impfschutz regelmäßig auffrischen, um fit bei nationalen und internationalen Wettkämpfen zu sein.
Kein Zwang, sondern Überzeugung ist gefragt
Fazit: Der BVKJ steht voll hinter den Empfehlungen der STIKO und rät generell zu rechtzeitigen Impfungen gegen Masern, Röteln, Mumps, Diphtherie, Keuchhusten, Kinderlähmung, Tetanus, Hepatitis B und Hib (Haemophilus influenzae b) sowie in bestimmten Fällen zum Schutz vor Pneumokokken-Infektionen. Um der Impfmüdigkeit entgegenzuwirken sei es wünschenswert, wenn Kindergärten oder Schulen einen Impf-Nachweis der Kinder verlangten wie es bereits in Schleswig-Holstein und einigen anderen Bundesländern praktiziert wird, erklärte Dr. Gritz. Die Einführung einer offiziellen Impfpflicht lehnt der BVKJ ab, er möchte durch gute Aufklärung vom Impfnutzen überzeugen.
Ein Statement von Schirmherrin Ulla Schmidt zum 1. Deutschen Impftag finden Sie unter www.bmgesundheit.de/bmg-frames/index.htm