In der chinesischen Stadt Shandong werden Grundschüler seit 2015 jährlich auf Kurzsichtigkeit getestet. Dabei fanden die Forscher heraus, dass der Anteil der Kurzsichtigen pro Jahrgang bei den Sechsjährigen von 5,7 Prozent in 2019 auf 21,5 Prozent im Jahr 2020 stieg, bei den Achtjährigen erhöhte sich die Quote in diesem Intervall von 27,7 auf 37,2 Prozent. Vor allem jüngere Kinder, bei denen der Augapfel noch wächst, sind demnach besonders stark betroffen. Die Forscher vermuten, dass die steigende Zahl kurzsichtiger Kinder eine Folge von Homeschooling und zu viel Aktivität vor dem Bildschirm ist, beweisen können sie es derzeit aber noch nicht.
Auch Kinder in Deutschland entwickeln Sehschwäche
Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) befürchtet gleichwohl, dass auch hierzulande während der Corona-Pandemie viele Kinder eine Kurzsichtigkeit entwickeln.
Der Präsident des BVKJ, Dr. Thomas Fischbach: „Kinder und Jugendliche entwickeln in der Pandemie nicht nur psychische Probleme, nach der Pandemie werden wir auch sehen, dass viele von ihnen eine Sehschwäche entwickelt haben. Und diese ist nicht heilbar, sie bleibt lebenslang. Kinder und Jugendliche haben während des Corona- Lockdowns deutlich mehr Zeit mit digitalen Spielen verbracht. Das zeigen uns unsere Befragungen bei den Vorsorgen, das zeigt aber auch eine Studie der DAK-Gesundheit zusammen mit dem Deutschen Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE). Im September 2019 betrug danach die durchschnittliche Spieldauer werktags 79 Minuten, im April 2020 stieg sie auf 139 Minuten.
Michael Achenbach, Pressesprecher des BVKJ für Westfalen-Lippe: „Die Ursachen für die Zunahme von Kurzsichtigkeit bei Kindern sind schon lange bekannt. Kurz gesagt: Bildschirm statt Horizont, LCD statt Sonnenlicht. Eigentlich ist das Auge sehr anpassungsfähig. Erhält es jedoch in der sensiblen Phase des Augenwachstums wenig Sehangebot in der Ferne, dann passt es sich daran an, mehr in der Nähe zu erkennen. Kurzsichtigkeit ist die Folge dieses Anpassungsprozesses, in diesem Fall Folge des Lockdowns, als Kinder kaum Möglichkeiten hatten, draußen zu spielen. Vor allem Kinder, die mit ihren Familien in beengten Wohnungen ohne Garten leben, hatten oft nichts anderes als digitale Medien, um sich abzulenken.“
Indirekte gesundheitliche Schädigungen durch die Corona-Pandemie und die damit verbundenen Maßnahmen rücken immer mehr in den Vordergrund. Dr. Fischbach: „Wir freuen uns über solche Studien wie die der chinesischen Wissenschaftler, weil sie dabei helfen, ein differenzierteres Verständnis der Pandemiefolgen zu entwickeln. Unsere Entscheidungsträger werden sich letztlich daran messen lassen müssen, inwieweit sie solche Erkenntnisse bei weiteren Beschlüssen angemessen berücksichtigen.“
Link zur Studie: <link https: jamanetwork.com journals jamaophthalmology fullarticle _blank external-link-new-window external link in new>jamanetwork.com
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