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Kleinkindalter: Vergiftungsgefahr durch Pflanzen

 

Kleinkinder nehmen gerne etwas in den Mund, um es zu untersuchen. Greifbare Pflanzenteile, die Kinder „probieren“, sind deshalb in dieser Altersgruppe ein häufiger Vergiftungsverdachtsfall.

„Dann sollten Betreuer alle Pflanzenteile aus dem Mund entfernen und umgehend ein Giftinformationszentrum zu kontaktieren“, rät Prof. Dr. Hans-Jürgen Nentwich, Kinder- und Jugendarzt sowie Mitglied des Expertengremiums beim Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ). Derzeit (Frucht Juli bis Oktober) sind u.a. die schwarzen, glänzenden, süßlich schmeckenden Beeren der Tollkirsche an Rändern von Waldwegen eine Gefahr. Drei bis vier Beeren sind für Kinder tödlich, aber auch alle anderen Pflanzenteile sind giftig. Für kleine Kinder sind die niedrigen Sträucher leicht zu ergreifen. „In der ganzen Pflanze, aber vor allem in der Frucht ist L-Hyoscyamin und Atropin enthalten. Hauptmerkmale einer Vergiftung sind Rötung des Gesichts, Trockenheit der Schleimhäute, Pulsbeschleunigung und Erweiterung der Pupillen, die innerhalb etwa einer viertel bis halben Stunde auftreten können. Wenn Eltern eine Pflanze nicht kennen, sollten sie die Pflanze – wenn möglich – fotografieren – und einen Teil der Pflanze abbrechen und mitnehmen“, empfiehlt Prof. Dr. Nentwich. Manche Jugendliche nehmen die Tollkirsche bewusst ein, um sie als „Biodroge“ zu nutzen und gefährden dadurch ihre Gesundheit und unter Umständen ihr Leben.

Die giftigste Pflanze in Europa ist der blaue Eisenhut, der im Gebirge an Bachufern, auf feuchten Wiesen, aber auch in Gärten als Zierpflanze wächst. Hier zeigen sich die Vergiftungsanzeichen bereits innerhalb ab etwa 10 bis 20 Minuten. Bei einem Verdacht sollte der Notarzt verständigt werden und das Kind rasch in die Klinik gebracht werden. „Schon wenige Milligramm können tödlich sein. Beschwerden können Brennen und Kribbeln im Mund sein, was sich dann auf den ganzen Körper ausbreitet. Das Pflanzengift Aconitin kann Taubheitsgefühle bis hin zur Atemlähmung verursachen. Gift kann auch teilweise über die Haut in den Körper gelangen, z.B. beim Spielen mit der Blüte oder beim Pflücken der Pflanze“, ergänzt Prof. Dr. Nentwich.

August bis Oktober ist die Blütezeit der hell lilarosa-farbenen, 10-20 Zentimeter hohen Herbstzeitlose, die in Süddeutschland auf feuchten Wiesen verbreitet ist. Auch bei dieser Pflanze sind alle Pflanzenteile giftig, besonders aber die Samen und die Knolle. 1 Gramm Samen kann für ein Kind bereits tödlich sein. Etwa 2-12 Stunden nach der Einnahme von Pflanzenteilen brennt und kratzt die Mund- und Rachenschleimhaut, es folgen u.U. Schweißausbrüche, Erbrechen und blutiger Durchfall. Nach etwa 24 bis 27 Stunden kann der Blutdruck abfallen, es kann zu Atemnot und schließlich zu Herzversagen kommen. Verantwortlich dafür ist das Gift Colchicin.

Quelle: <link https: doi.org s00112-022-01520-w _blank external-link-new-window external link in new>Monatsschr Kinderheilkd
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