Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) stellt mit Erstaunen fest, dass im Abschnitt 2.4 des Koalitionsvertrages – Gesundheit und Pflege – die Gesundheitsversorgung von Kindern und Jugendlichen, die nach der UN-Kinderrechtskonvention einen besonders hohen Stellenwert hat, mit keinem Wort erwähnt wird.
Vor der Wahl hieß es bei den Koalitionspartnern:
CDU/CSU:
„Bei diesen Reformen widmen CDU und CSU der medizinischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen ihre besondere Aufmerksamkeit. Dazu gehören auch die Forderungen aller Bundestagsfraktionen aus dem Jahr 2002 mit dem Ziel, die medizinische Versorgung von Kindern und Jugendlichen zu sichern und zu verbessern.“
„Die primäre Zuständigkeit für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen liegt aufgrund seiner speziellen Ausbildung beim Pädiater. Er ist mit den physiologischen und psychologischen Aspekten der Behandlung dieser Patientengruppe am besten vertraut. Daran halten CDU und CSU fest.“
SPD:
„Es besteht in vielen Bereichen der gesundheitlichen Versorgung, vor allem in der Behandlung von kranken Kindern und Jugendlichen, ein erheblicher Verbesserungs- und Regelungsbedarf, der endlich in Angriff genommen werden muss. Die SPD-Bundestagsfraktion hat den konkreten Handlungsbedarf mit ihrem Antrag „Kinder- und Jugendgesundheit: Ungleichheiten beseitigen – Versorgungslücken schließen“ (17/9059) umfassend dargelegt. Die SPD wird die Verbesserung der medizinischen Versorgung von Kinder- und Jugendgesundheit auch weiterhin zu einem gesundheitspolitischen Schwerpunktthema machen.“
„Die SPD spricht sich nach wie vor uneingeschränkt für den Fortbestand einer qualifizierten ambulanten Kinder- und Jugendmedizin als eigenständige Fachgruppe aus. Für Kinder und Jugendliche übernehmen Kinder- und Jugendärzte die Funktion des Hausarztes. Sie nehmen deshalb an der hausärztlichen Versorgung nach § 73 SGB V teil. Gleichzeitig haben Kinder- und Jugendärzte mit Schwerpunktbezeichnung die Möglichkeit an der fachärztlichen Versorgung teilzunehmen. Damit kommt ihnen bereits besondere Bedeutung im Vergleich mit anderen Facharztgruppen zu.“
Im Koalitionsvertrag ist immer nur von „Hausärzten“ die Rede und von einer Stärkung der hausärztlichen Versorgung ohne Differenzierung, welche Arztgruppen neben den Allgemeinärzten der hausärztlichen Versorgungsebene zugeordnet werden sollen. Ohne Kinder- und Jugendärzte sowie hausärztliche Internisten ist die hausärztliche medizinische Grundversorgung nicht sicherzustellen.
Vor der Wahl hieß es dazu:
CDU/CSU:
„CDU und CSU haben die Hausarztverträge kontinuierlich gestärkt, um eine qualitativ hochwertige medizinische Versorgung nicht nur in Ballungszentren, sondern auch in ländlichen Regionen zu gewährleisten. Bereits im Gesundheitsmodernisierungsgesetz (GMG) haben wir uns für die Hausärzte engagiert, indem diese Vertragsmöglichkeit in das SGB V aufgenommen wurde. Auch waren es CDU und CSU, die eine Verpflichtung der Kassen zum Abschluss der Verträge durchgesetzt haben. Des Weiteren wurde im Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen der GKV (GKV-OrgWG) vorgegeben, dass Krankenkassen innerhalb einer bestimmten Frist Hausarztverträge abzuschließen haben. Die primäre Zuständigkeit der Kinder- und Jugendärzte für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen bleibt davon unberührt.“
SPD:
„Auf die besonderen fachlichen Kompetenzen der Kinder- und Jugendärztinnen und -ärzte kann und darf aber nicht verzichtet werden. Die SPD will deshalb ihre Position als Erstversorger von Kindern und Jugendlichen dadurch stärken, dass sie in bestehende Verträge der hausarztzentrierten Versorgung gemäß § 73b des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) aufgenommen werden können. Die SPD setzt sich zudem für die Wiederherstellung des alten Rechtszustandes zu § 73 B SGB V ein.“
Der BVKJ fordert die Koalitionspartner auf, zu Beginn dieser Legislaturperiode auch öffentlich klarzustellen, ob diese vor der Wahl getroffenen Aussagen Bestandteil der zukünftigen Gesundheits- und Sozialpolitik sind oder ob die Kinder- und Jugendmedizin in Zukunft nicht mehr zur ambulanten Grundversorgung im hausärztlichen Versorgungsbereich gehören soll!
Köln, 09.12.2013
Dr. Wolfram Hartmann, Präsident