Kinder- & Jugendärzte im Netz

Ihre Haus- und Fachärzte von der Geburt bis zum vollendeten 18. Lebensjahr

Herausgeber:

Krebsimpfung: Ungeklärte Todesfälle bei Jugendlichen und Erwachsenen verunsichern Patientinnen

Plötzliche ungeklärte Todesfälle bei zwei offenbar gesunden jungen Frauen haben zu Verunsicherung geführt, da man diese beiden Todesfälle in zeitlichem Zusammenhang mit einer Impfung gegen die Erreger des Gebärmutterhalskrebses gebracht hat. In beiden Fällen konnte jedoch bisher keine eindeutige Todesursache festgestellt werden. Jährlich treten in Deutschland etwa 60 ungeklärte Todesfälle in dieser Altersgruppe auf...

Zwei Todesfälle bei Teenagern in Deutschland und Österreich verunsichern zurzeit viele Patientinnen in den Praxen der Frauenärzte sowie der Kinder- und Jugendärzte. Die 17- und 19-Jährigen offenbar gesunden jungen Frauen erlitten einen plötzlichen Herzstillstand ungeklärter Ursache. Dieser plötzliche ungeklärte Tod – kurz SADS (engl.: Sudden Adult Death Syndrome) genannt - ist sehr selten. Laut Todesursachenstatistik des Statistischen Bundesamtes gab es z.B. im Jahr 2006 in Deutschland in der Altersgruppe der 15- bis unter 20-Jährigen 58 Todesfälle mit unklarer Ursache. Unter diesen Fällen waren 22 weibliche Personen. „Der Grund, warum in unseren Praxen über diese Fälle gesprochen wird, ist, dass man diese beiden Todesfälle in zeitlichem Zusammenhang mit einer Impfung gegen die Erreger des Gebärmutterhalskrebses (HPV= Humane Papillom Viren) gebracht hat. Die junge Frau aus Österreich war 3 Wochen nach der HPV-Impfung, das 17-jährige Mädchen aus Deutschland einen Tag nach dieser Impfung verstorben. In beiden Fällen konnte bisher keine eindeutige Todesursache festgestellt werden. Im Fall des deutschen Mädchens handelte es sich um die zweite Impfdosis des Impfstoffes „Gardasil“ – die erste Dosis hatte sie ohne jegliche Probleme vertragen“, berichtet Dr. Michael Wojcinski, niedergelassener Gynäkologe aus Bielefeld und Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Impfen (AGI) im Berufsverband der Frauenärzte (BVF), unter Berufung auf Angaben des Paul-Ehrlich-Institutes (PEI). In einer aktuellen Erklärung hat das PEI mitgeteilt, dass bisher 189 Verdachtsfälle von Nebenwirkungen nach Impfungen mit „Gardasil“ gemeldet wurden. „Bei den meisten der gemeldeten Nebenwirkungen handelt es sich um Reaktionen, wie sie nach Impfungen vorkommen können – Schmerzen an der Injektionsstelle, Brennen, allgemeine Körperreaktionen auf die Impfung – in fast allen Fällen sind diese Symptome harmlos und kurz nach der Impfung wieder verschwunden. Da sich immer mehr Mädchen gegen Gebärmutterhalskrebs impfen lassen, wird es auch eine Zunahme dieser Meldungen geben“, prognostiziert Wojcinski.
Nach Angaben des Herstellers sind seit Markteinführung im Oktober 2006 bis Januar 2008 mehr als 2,2 Mio. Dosen „Garadasil“ in Österreich und Deutschland verkauft worden. „Wenn man die Zahl der gemeldeten Nebenwirkungen in Relation zu den Impfzahlen setzt, dann sieht man, dass diese Impfung sehr gut verträglich ist“, so Wojcinski weiter. Seit Mitte Oktober 2007 ist in Deutschland auch ein zweiter HPV-Impfstoff zugelassen. Für diesen Impfstoff mit dem Handelsnamen „Cervarix“ sind in der Datenbank des PEI keine Nebenwirkungen bekannt.

Experten sehen keinen Zusammenhang zwischen plötzlichen Todesfällen und Impfung
Mediziner sehen die Impfung gegen Gebärmutterhalskrebs in keinem kausalen Zusammenhang mit den tragischen Todesfällen. Genauso wie das PEI wird vielmehr ein zufälliger zeitlicher Zusammenhang zwischen der Impfung und dem Auftreten eines SADS- Falles angenommen. Die Erfahrungen der Kinder- und Jugendärzte bestätigen diese Vermutung. „Jahrelang wurde auch in der Kinder- und Jugendmedizin über einen möglichen Zusammenhang zwischen dem „plötzlichen Kindstod“ – kurz SIDS (engl.: Sudden Infant Death Syndrome) - und den Impfungen im Kindesalter diskutiert. Vor allem aufseiten der Impfgegner wurde dies immer wieder thematisiert. Erst nach der von uns Kinder– und Jugendärzten empfohlenen Rückenlage bei Babys und der Warnung vor dem Rauchen im Umfeld des Kindes ging die Zahl der SIDS-Fälle in Deutschland drastisch (Rückgang der SIDS-Fälle von 1991-2005 um 77% - Quelle: Statistisches Bundesamt) zurück. Im gleichen Zeitraum ist die Zahl der Impfungen im Kindesalter stark angestiegen. Und damit war klar – der plötzliche Kindstod hat mit Impfungen überhaupt nichts zu tun. Und jetzt hört man nichts mehr aus der Richtung der Impfkritiker dazu. Die Diskussion um die Todesfälle bei der HPV-Impfung erinnert mich doch sehr stark an die SIDS-Diskussionen in den 90er Jahren. Und auch jetzt scheinen die Impfgegner wieder Wortführer zu sein“, kritisiert Dr. Ursel Lindlbauer-Eisenach, Kinder– und Jugendärztin aus München.

„Impfstoffe gehören zu den am schärfsten kontrollierten Arzneimitteln, die wir kennen, und es ist sehr gut, dass das PEI die Meldungen der Ärzte so genau dokumentiert. Die modernen Impfstoffe, die in Deutschland vom Paul-Ehrlich-Institut zugelassen werden, sind sehr gut verträglich und haben kaum Nebenwirkungen. Die Impfung gegen Gebärmutterhalskrebs ist ein Meilenstein im Kampf gegen Krebs. Und genau deshalb gibt es eine Empfehlung der Ständigen Impfkommission (STIKO) für die Impfung gegen Gebärmutterhalskrebs“, erläutert Lindlbauer-Eisenach, die auch Mitglied der STIKO ist. „Wenn man davon ausgeht, dass jährlich einige Millionen Impfungen bei Mädchen durchgeführt werden, dann ist es bei etwa 60 ungeklärten Todesfällen, die Jahr für Jahr in Deutschland in dieser Altersgruppe auftreten, sehr wahrscheinlich, dass es zu einer zeitlichen Überschneidung zwischen Impfung und SADS-Fall kommen kann. Doch wenn die Zahl der ungeklärten Todesfälle konstant niedrig bleibt, wie kann man dann einen Zusammenhang zur Impfung herstellen?“, fragt die Impfexpertin weiter. Die bundesweite Todesursachenstatistik für das Jahr 2007 wird nach Angaben des Statistischen Bundesamtes erst im Juni 2008 vorliegen. Eine erste Auswertung der ungeklärten Todesfälle in 2 Bundesländern ergab für den Zeitraum Januar-Juni 2007 bisher keinen Anstieg der ungeklärten Todesfälle gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres.