Kinder aus weniger wohlhabenden Verhältnissen haben unter den Einschränkungen der sozialen Kontakte während eines Lockdowns wahrscheinlich mehr gelitten als ihre Altersgenossen aus wohlhabenderen Familien, weil sie weniger Zugang zur Natur hatten. Diese Vermutung legt eine aktuelle Studie nahe, die in der Fachzeitschrift „People and Natur“ der British Ecological Society veröffentlicht wurde.
Die Studie von Forschern der University of Cambridge und der University of Sussex ergab auch, dass Kinder aus wohlhabenden Familien während der Pandemie tendenziell mehr Zeit draußen in der Natur verbrachten als ihre weniger wohlhabenden Altersgenossen.
Fast zwei Drittel der Eltern berichteten, dass sich die Verbindung ihres Kindes zur Natur während des Lockdowns verändert habe, während ein Drittel der Kinder, deren Verbindung zur Natur nachließ, erhöhte psychische Probleme zeigten – entweder durch „Ausagieren“ oder durch verstärkte Traurigkeit oder vermehrte Angst.
Experten fordern, den Zugang zur Natur zu erleichtern
Die Ergebnisse belegen bisherige Erkenntnisse, wonach die Natur eine kostengünstige Methode sein kann, um Kinder seelisch zu unterstützen. Demnach sollten mehr Anstrengungen unternommen werden, um Kindern den Zugang zur Natur zu erleichtern – sowohl zu Hause als auch in der Schule.
Die Forscherinnen und Forscher schlagen u.a. vor, die strukturieren außerschulischen Aktivitäten zu reduzieren, damit Kinder mehr Zeit im Freien verbringen können. Auch Gartenprojekte und naturbasierte Lernprogramme in Schulen könnten einen Beitrag leisten.
„Wir wissen, dass der Zugang zur und die Beschäftigung mit der Natur bei Kindern und Erwachsenen mit weitreichenden Vorteilen verbunden sind, einschließlich der Verringerung von Angstzuständen und Depressionen und der Reduzierung von Stress“, sagte Samantha Friedman, Forscherin am Center for Family Research der University of Cambridge und Erstautorin der Studie.
Sie fügte hinzu: „Die Einschränkungen der Pandemie führten dazu, dass Kinder nicht mehr ihren normalen Schulaktivitäten, Routinen und sozialen Kontakte pflegen konnten.
"Die Verbindung mit der Natur hat möglicherweise für einige britischen Kinder die Auswirkungen eines Lockdowns abgeschwächt. Aber wir haben festgestellt, dass Kinder aus weniger wohlhabenden Familien in dieser Zeit mit geringerer Wahrscheinlichkeit Zuflucht in der Natur suchten."
Gartenarbeit, Spielen im Garten oder körperlichen Aktivitäten im Freien
Eine verstärkte Naturverbundenheit spiegelte sich in Berichten von Kindern wider, die Zeit mit Gartenarbeit verbrachten, im Garten spielten oder im Freien körperlich aktiv waren. Sie hatten häufig während eines Lockdowns mehr Zeit für diese Aktivitäten. Umgekehrt verbrachten andere Kinder weniger Zeit im Freien und der Natur, da aufgrund der damals geltenden Reisebeschränkungen der Zugang zu einigen Grünflächen und zur Natur nicht möglich war.
"Die Verbindung mit der Natur kann ein wirksames Mittel sein, um das Wohlbefinden von Kindern zu fördern, insbesondere auch wenn Kinder zu normalen Routinen wie schulischen und außerschulischen Aktivitäten zurückkehren", so Dr. Elian Fink, Dozentin für Psychologie an der University of Sussex, die ebenfalls an der Studie beteiligt war.
Sie fügte hinzu: „Unsere Ergebnisse könnten bei der Neugestaltung von Regeln bei einem Lockdown hilfreich sein, falls so etwas wieder nötig sein sollte.“
„Die Verlängerung der Zeit, die Kinder für den Zugang zur Natur haben, oder die Verlängerung der Entfernung, die Kinder zurücklegen dürfen, um Zugang zur Natur zu haben, könnte sich positiv auf ihre psychische Gesundheit auswirken.“
Online-Umfrage unter Eltern von Kindern im Vorschul- und Schulalter
Für die Studie wurde eine Online-Umfrage zwischen April und Juli 2020 durgeführt. Es konnten Antworten von 376 Familien in Großbritannien mit Kindern zwischen drei und sieben Jahren ausgewertet werden. Über die Hälfte dieser Familien gaben an, dass Kinder während des ersten Lockdowns mehr Zeit in der Natur verbrachten als bisher. Wenn Kinder sich gleich viel oder weniger im Freien und im Grünen aufhielten, entwickelten sie nach Angaben der Eltern größere psychische Probleme.
Als Maß für die psychische Gesundheit jedes Kindes wurde ein weit verbreiteter und anerkannter Fragebogen verwendet, der sowohl emotionale Probleme wie Unzufriedenheit, Sorgen, Angst und Depression bewertet als auch Verhaltensprobleme wie Wut und Hyperaktivität.
„Psychische Gesundheitsprobleme können sich bei verschiedenen Kindern auf unterschiedliche Weise manifestieren. Wir fanden heraus, dass eine stärkere Verbindung mit der Natur mit einer Verringerung sowohl der emotionalen als auch der Verhaltensprobleme einhergeht“, erklärte Fink.
Sie ergänzte hinzu: "Möglicherweise sind die gegensätzlichen Erfahrungen beim Zugang zur Natur zwischen verschiedenen sozioökonomischen Gruppen in Realität noch stärker ausgeprägt, als unsere Studie widerspiegelt, da die Teilnehmer unserer Online-Befragung größtenteils in wohlhabenderen Gesellschaftsschichten durchgeführt wurde."
Untersuchte Altersgruppe hat noch wenig Verständnis für die Einschränkungen
Eltern mit Kindern zwischen drei und sieben Jahren antworteten auf die Studienbefragung mit Bezug auf ein bestimmtes Kind. Die Forscher konzentrierten sich auf diese Altersgruppe, da sie aufgrund der Pandemie wahrscheinlich viele Einschränkungen erleben mussten und auch weniger Verständnis dafür hatten.
Die Experten fassen zusammen, dass die Nähe zur Natur auch einfach mit einem Spaziergang in der Nähe des Hauses geschaffen werden könne. Auch täglich zehn Minuten draußen zu sitzen, könne die Natur auch näherbringen.
Quelle: <link https: medicalxpress.com news _blank external-link-new-window external link in new>medicalXpress, <link https: doi.org pan3.10270 _blank external-link-new-window external link in new>People and Nature