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Mangelhafter Schutz für misshandelte Kinder: Heime und Familienrichter überlastet

Nach einer Studie der Universität Osnabrück sind viele Heime für Kinder überbelegt und es besteht ein Mangel an Fachkräften. Schwer gestörte Kinder brauchen eine intensive Betreuung, die in den Heimen derzeit nicht geleistet werden kann...

Der Schutz von misshandelten Kindern in Deutschland weist nach einer Studie der Universität Osnabrück erhebliche Mängel auf. Sowohl in Notaufnahme-Heimen als auch beim gerichtlichen Kinderschutz seien schwerwiegende Defizite festzustellen, sagte Prof. Dr. Maud Zitelmann, Leiterin der derzeit laufenden Studie. So seien viele Heime überbelegt, und es gebe zu wenig Personal für die Betreuung. Befragt wurden mehr als 64% von 340 Notaufnahme-Heime in Deutschland, die insgesamt mehr als 1.000 Plätze bereithalten. In den Heimen werden Kinder und Jugendliche untergebracht, die unter anderem wegen Misshandlung oder Vernachlässigung zeitweise aus ihren Familien geholt werden.

Zu wenig Heime und zu wenig Personal
In der Studie habe jedes dritte Notaufnahme-Heim bestätigt, in den vergangenen fünf Jahren ein als gefährdet eingestuftes Kind aufgenommen zu haben, ohne dass das Jugendamt aus Sicht der Heime die nötigen Schritte eingeleitet habe. Heime sollten verpflichtet werden, solche Fälle dem Gericht zu melden, so die Sozialpädagogin. Zudem fehle jedem zweiten Notaufnahme-Heim ein Psychologe. Es gebe zu wenig Heime und zu wenig Personal, erklärt die Expertin. Die oft schwer gestörten Kinder bräuchten eine „Eins-zu-eins-Betreuung“. Der Beitrag der Heime zu einer umfassenden Krisenintervention und erfolgreichen Weichenstellung im Leben der Kinder sei damit fast unmöglich.

Verdacht auf Misshandlung selten überprüft
In der Mehrheit der Fälle wird laut Studie trotz der zumeist vermuteten Gefährdung der Kinder das Sorgerecht nicht vor einem Familiengericht überprüft. Damit behielten die Eltern die vollständige Kontrolle über das Leben ihrer Kinder, was „hochgradig riskant“ sei, befürchtet Professor Zitelmann. Die Eltern könnten weiterhin etwa über den Aufenthalt im Heim entscheiden.

Doch selbst wenn ein gerichtliches Verfahren eingeleitet werde, sei dies kein Garant für den Schutz des Kindes. Die Familienrichter sind laut Expertin überlastet angesichts der zahlreichen Fälle, so dass die Situation kaum hinreichend erfasst werden könne. „In vielen Fällen setzt sich somit die Verwahrlosung der Kinder in der staatlichen Verantwortung fort“, bilanzierte Professor Zitelmann.