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Misshandlung in der Kindheit macht anfällig für Krebserkrankung

Körperliche Misshandlungen in der Kindheit können nicht nur längerfristige seelische Schäden anrichten, sondern anscheinend auch die Abwehrkraft des Körpers bis ins Erwachsenenalter hinein negativ beeinflussen. Zu diesem Schluss kamen kanadische Forscher bei der Auswertung von umfangreichen Daten ...

Wer in der Kindheit körperlich misshandelt wurde, hat nicht nur mit seelischen Problemen zu kämpfen, sondern erkrankt statistisch gesehen auch häufiger an Krebs. Zu diesem Schluss kommen kanadische Forscher auf der Basis der Daten von über 13.000 Menschen. „Selbst wenn Risikofaktoren wie Rauchen, Alkoholkonsum und Mangel an körperlicher Aktivität als mögliche Einflussfaktoren ausgeschlossen wurden, blieb ein deutlicher Zusammenhang zwischen körperlicher Misshandlung in der Kindheit und einer Krebserkrankung im Erwachsenenalter bestehen“, verdeutlicht Dr. Ulrich Fegeler, Kinder- und Jugendarzt sowie Bundespressesprecher des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), die Ergebnisse der Studie. Demnach haben Erwachsene, die als Kinder körperlich misshandelt wurden, ein um 49% erhöhtes Risiko eine Krebserkrankung zu entwickeln. Selbst wenn die Wissenschaftler Faktoren wie einen ungesunden Lebensstil, einen benachteiligten sozioökonomischen Status und andere Stressoren in der Kindheit ausnehmen, blieb der Prozentsatz mit 47% sehr hoch.

Laut Prof. Esme Fuller-Thomson und ihrer Kollegin, Dr. Sarah Brennenstuhl, gibt es viele mögliche Ursachen, warum körperliche Misshandlung längerfristig das Krebsrisiko erhöht. Eine Theorie geht davon aus, dass langanhaltender Stress in der Kindheit das Immunsystem dauerhaft schädigt, so dass es Krebszellen nicht mehr ausreichend vernichten kann. „Wenn ein Kind ständig von Misshandlung bedroht ist, schüttet der Körper in großen Mengen Cortisol aus, ein Stresshormon, das Menschen wie in unserer frühen Vergangenheit flucht- und kampfbereit hält. Der Körper bleibt in Alarmbereitschaft, u.a. indem der Herzschlag sich beschleunigt und das Immunsystem unterdrückt wird. Denn in einer Kampf- oder Fluchtsituation bleibt keine Zeit für Krankheit oder Erholungsphasen“, erklärt Dr. Fegeler. Cortisol gilt als stärkstes körpereigenes Immunsuppressivum. „Auch wenn diese Studie einen Zusammenhang zeigt, dürfen Betroffene jedoch nicht vergessen, dass das absolute Risiko für jeden Einzelnen, wirklich eine bösartige Erkrankung zu bekommen, immer noch verschwindend gering ist. Weitere umfangreichere Untersuchungen sind erforderlich, um die Ergebnisse und die daraus gezogenen Schlüsse wirklich zu bestätigen und die genauen Mechanismen, die sich hinter diesen Resultaten verbergen, zu verstehen“, warnt Dr. Fegeler.