Eine aktuelle Beobachtungsstudie unter Leitung der Charité – Universitätsmedizin Berlin zeigt, dass die neue Behandlung den Gesundheitszustand von Grundschulkindern mit Mukoviszidose deutlich verbessert. Die Ergebnisse sind im Fachmagazin „European Respiratory Journal“ veröffentlicht.
Bei Mukoviszidose fließt der zähe Lungenschleim kaum ab und verstopft die Atemwege. Die Folge: erschwerte Atmung, chronische bakterielle Infektionen, Entzündungen und Gewebeveränderungen in der Lunge mit einhergehenden Funktionsverlusten. Mukoviszidose-Erkrankte begleitet eine lebenslängliche symptomatische Therapie aus täglichen Inhalationen mit schleimlösenden Medikamenten, teilweise Antibiotikabehandlung und Physiotherapie.
Seit 2020 gibt es ein zusätzliches Behandlungskonzept, das nicht nur die Symptome, sondern die Ursache der Erkrankung adressiert: Die Kombinationstherapie mit den drei Wirkstoffen Elexacaftor, Tezacaftor und Ivacaftor. Diese sogenannte Dreifachtherapie wird als Tablette eingenommen und ist seit 2022 auch für Kinder ab sechs Jahren, seit 2023 für Kinder ab zwei Jahren zugelassen.
„Dass die Therapie nun für Kinder zur Verfügung steht, ist für die jungen Patientinnen und Patienten ein Segen“, sagte Prof. Mirjam Stahl, korrespondierende Autorin der Studie und Leiterin der Sektion Cystische Fibrose an der Klinik für Pädiatrie mit Schwerpunkt Pneumologie, Immunologie und Intensivmedizin der Charité. „Mit unserer aktuellen Beobachtungsstudie, die wir mit Kindern zwischen sechs und elf Jahren durchgeführt haben, konnten wir zeigen, dass die Dreifachtherapie zu einer deutlichen Verbesserung der Lungenerkrankung führt.“
So funktioniert die Dreifachtherapie
Das Krankheitsbild der Mukoviszidose beruht auf Gendefekten, die dazu führen, dass die für die normale Schleimproduktion verantwortlichen molekularen Strukturen in der Lungenschleimhaut – die sogenannten CFTR-Kanäle – nicht oder nur unzureichend funktionieren. CFTR-Kanäle regulieren den Wasser- und Salztransport in der Schleimhaut und sorgen für die Bildung ausreichend flüssigen Schleims. Bei etwa 90% der Mukoviszidose-Patient:innen liegt eine als F508del bezeichnete Mutation vor, die dazu führt, dass der CFTR-Kanal strukturell geschädigt und aufgrund dessen nicht funktionsfähig ist.
Mithilfe der beiden Wirkstoffe Elexacaftor und Tezacaftor kann dieser strukturelle Schaden korrigiert werden. Der dritte Wirkstoff Ivacaftor funktioniert wie eine Art Keil: Er sorgt dafür, dass der CFTR-Kanal dauerhaft geöffnet ist. „Mit der Dreifachtherapie kann die Funktion des CFTR-Kanals auf bis zu 50% des normalen Wertes angehoben werden“, so Mirjam Stahl. „Aus einer vorangegangenen Beobachtungsstudie mit Erwachsenen wissen wir, dass die Dreifachtherapie mit einer erheblichen Verbesserung der Lungenfunktion und Lebensqualität einhergeht. Für den Großteil der Patientinnen und Patienten ist sie ein echter Gamechanger.“
Lungenfunktion so gut wie bei Gesunden
Doch wie wirksam ist die Dreifachtherapie bei Kindern im Grundschulalter? Dieser Frage ging das Forschungsteam um Mirjam Stahl und Prof. Marcus Mall, Direktor der Klinik für Pädiatrie mit Schwerpunkt Pneumologie, Immunologie und Intensivmedizin und Leiter der Beobachtungsstudie, nach. Die Studie wurde an insgesamt vier deutschen Zentren für Mukoviszidose durchgeführt, neben der Charité waren die Medizinische Hochschule Hannover und die Universitätskliniken Heidelberg und Gießen beteiligt.
Die Forschenden untersuchten 107 an Mukoviszidose erkrankte Kinder im Alter zwischen sechs und elf Jahren jeweils vor Beginn und während der ärztlich verschriebenen Dreifachtherapie. Dabei kamen neben üblichen Untersuchungsmethoden zur Einschätzung der Lungenfunktion wie der Spirometrie auch neue, innovative Methoden wie das Gasauswaschverfahren und die Magnetresonanztomografie (MRT) der Lunge zur Anwendung. Mit ihnen können Veränderungen in der Lunge wie etwa Erweiterungen der Bronchien, Verdickungen der Bronchialwände oder dauerhafte Schleimablagerungen empfindlich erfasst und sichtbar gemacht werden.
Das Forschungsteam begleitete die Studienteilnehmenden etwa ein Jahr. „Die Dreifachtherapie konnte bei den jungen Patientinnen und Patienten die Schwere der Lungenerkrankung deutlich reduzieren und – zumindest während des einjährigen Untersuchungszeitraums – ein Voranschreiten der Erkrankung verhindern“, fasste Marcus Mall die Studienergebnisse zusammen. „Die Mehrzahl der Kinder erreichte mit der Dreifachtherapie sogar eine normale Lungenfunktion. Das ist ein überaus erfreuliches Ergebnis!“
Weitere Forschung
Mirjam Stahl und ihr Team führen derzeit eine ähnliche Beobachtungsstudie mit Kindern zwischen zwei und fünf Jahren durch, um die Vorteile der Dreifachtherapie auch für diese Altersgruppe näher zu beleuchten. „Wir hoffen, dass eine im frühen Kindesalter begonnene Dreifachtherapie die Entwicklung einer schweren Symptomatik und die Ausbildung struktureller Veränderungen in der Lunge verhindern kann“, erläuterte die Kinderpneumologin.
Außerdem möchten die Forschenden herausfinden, ob die symptomatische Basistherapie der Mukoviszidose während der Dreifachtherapie reduziert werden kann. Denn bislang wird sie parallel fortgeführt. Mirjam Stahl: „Weniger Inhalationen würden für die Patientinnen und Patienten eine enorme zeitliche Entlastung im Alltag darstellen und ihre Lebensqualität deutlich verbessern.“
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Manuela Zingl, GB Unternehmenskommunikation, Charité – Universitätsmedizin Berlin
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Quellen: idw-online.de, Charité – Universitätsmedizin Berlin, European Respiratory Journal