Kinder- & Jugendärzte im Netz

Ihre Haus- und Fachärzte von der Geburt bis zum vollendeten 18. Lebensjahr

Herausgeber:

Notzeiten erhöhen das Risiko für elterliches Fehlverhalten

In schwierigen Situationen, nach stressvollen Familientragödien, Naturkatastrophen oder bei finanziellen Problemen häufen sich die körperlichen Misshandlungen von Kindern. Zu diesem Ergebnis kommen amerikanische Forscher. Sie stellten seit Beginn der Rezession eine deutliche Zunahme von Kopfverletzungen und Schütteltraumatas bei Kindern fest, die auf elterliches Fehlverhalten zurückzuführen sind ...

Amerikanische Forscher beobachteten, dass in Notzeiten körperliche Misshandlung von Kindern tendenziell zunehmen. Anlass für ihre Hypothese ist die große Zahl von Kopfverletzungen und Schütteltraumata während der aktuellen Rezession. „Kopfverletzungen aufgrund Schütteltraumata gehören zu den Haupttodesursachen bei Kindesmisshandlungen. Stressvolle Lebensereignisse, wie Familientragödien, Naturkatastrophen oder finanzieller Ruin führen Eltern an die Grenzen ihrer Belastbarkeit, sodass sie bei zusätzlichen Stressoren leichter überreagieren – z.B. wenn sie mit einem Schreibaby konfrontiert sind – und das Baby schütteln. Dies verursacht bei kleinen Kindern mit noch schwacher Nackenmuskulatur schwere Kopfverletzungen, u.a. durch Gehirnblutungen“, erklärt Prof. Hans-Jürgen Nentwich, Kinder- und Jugendarzt sowie Vorstandsmitglied des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ). In wirtschaftlich schwierigen Situationen gibt es i.d.R. auch weniger staatliche Hilfen und Unterstützungsangebote für Eltern.

Dr. Rachel Berger vom Kinderkrankenhaus in Pittsburgh berichtet von einer deutlichen Zunahme der Fälle von Kopfverletzungen und Schütteltraumata bei Kindern seit Beginn der Rezession. Laut den Daten von vier Krankenhäusern steigerten sich die Fälle seit Dezember 2007 von monatlich 6 Fällen auf 9,3 Fälle. Von 2004 bis Ende 2007 waren die Fallzahlen konstant. Insgesamt lagen den Forschern um Dr. Berger Daten von 512 betroffenen Kindern im Alter von 9 Tagen bis 6 Jahren vor. Eine ähnliche Steigerung der Kopfverletzungen bei Kindern durch ihre Betreuungspersonen beschrieben bereits Prof. Heather T. Keenan und Kollegen von der Universität North Carolina in den Landstrichen, die 1999 besonders von dem Hurrikan Floyd betroffen waren. Auch sie kamen zu dem Schluss, dass der Verlust von Eigentum und von sozialen Bezügen den Stress soweit erhöhen kann, dass Eltern ihr eigenes Verhalten zeitweise nicht mehr kontrollieren können. „Diese Studien zeigen, dass Eltern insbesondere in schwierigen Zeiten Institutionen brauchen, an die sie sich wenden können und die Entlastung anbieten“, stimmt Prof. Nentwich den amerikanischen Wissenschaftlern zu.

Hilfsangebote

Die Bundeszentrale von pro familia hilft Eltern, eine Beratungsstelle in ihrer Nähe zu finden. Sie sitzt in Frankfurt und ist unter der Telefonnummer 069 / 63 90 02 zu erreichen.
Auch im Internet können Eltern bundesweit nach einer Beratungsstelle suchen: www.profamilia.de

Weitere Informationen für Eltern bietet ein Flyer der Techniker Krankenkasse "Nicht schütteln!".
Um über die Gefahren des Schütteltraumas bei Babys und Kleinkindern aufzuklären, haben die Techniker Krankenkasse (TK) in Rheinland-Pfalz und das Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Familie und Frauen u.a. mit dem Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte in Rheinland-Pfalz unter dem Slogan „Nicht schütteln! Schütteln ist lebensgefährlich" eine konzertierte Aktion ins Leben gerufen.