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Pädiater: Jedes fünfte Kind schon im Kindergarten auffällig

Mehr als 20% aller 4- und 5-Jährigen in bayerischen Kindergärten zeigen auffällige Verhaltensweisen. Dies ist das Ergebnis einer aktuellen Auswertung von Vorsorgeuntersuchungen der Vertragsarbeitsgemeinschaft der Betriebskrankenkassen in Bayern (90 teilnehmende BKK). Aber auch bei den Vorsorgeuntersuchungen im Grundschulalter zeigen mehr als 15% der 7- bis 10-Jährigen Fehlentwicklungen in Bezug auf den sozialen und emotionalen Zustand .. ...

Mehr als 20% aller 4- und 5-Jährigen in bayerischen Kindergärten zeigen auffällige Verhaltensweisen. Dies ist das Ergebnis einer aktuellen Auswertung von Vorsorgeuntersuchungen der Vertragsarbeitsgemeinschaft der Betriebskrankenkassen in Bayern (90 teilnehmende BKK). Von insgesamt 4318 Kindern, die im Zeitraum vom 4. Quartal 2009 bis zum 3. Quartal 2010 untersucht wurden, waren 943 auffällig. Die Fragebögen, die zu den Vorsorgeuntersuchungen U8 (4 Jahre) und U9 (5 Jahre) beim Kinder- und Jugendarzt von den Erzieherinnen in Kindertagesstätten vorgelegt werden, umfassen viele Aspekte der kindlichen Entwicklung. Insbesondere werden soziale Kompetenz, Feinmotorik, Bewegungsablauf und Körperkoordination sowie die Konzentrationsfähigkeit der Kinder bewertet. „Diese Ergebnisse bestätigen unsere Beobachtungen in der Praxis. Wir sehen immer mehr Kinder mit Entwicklungsstörungen, Konzentrationsschwächen und seelischen Problemen. Die „neuen“ Krankheiten stellen auch enorme Herausforderungen an uns Kinder- und Jugendärzte. Nicht selten werden wir zum Familienpsychologen – und genau deshalb setzen wir auch neue inhaltliche Schwerpunkte in der Aus- und Fortbildung der Pädiater in Bayern“, erläutert Dr. Martin Lang aus Augsburg, Landesvorsitzender des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte in Bayern (BVKJ).

Und nicht nur im Kindergarten finden sich Verhaltensauffälligkeiten. Auch bei den Vorsorgeuntersuchungen im Grundschulalter werden die neuen Krankheitsbilder häufig dokumentiert. Deutlich mehr als 15% der Fragebögen, die im Rahmen der Vorsorgen U10 (7- bis 8-Jährige) und U 11 (9- bis 10-Jährige) ausgewertet wurden, zeigen – in Bezug auf den sozialen und emotionalen Zustand der Kinder – Fehlentwicklungen. „Die Fragebögen werden von Lehrern und Eltern ausgefüllt – also von Menschen, die tagtäglich mit den Kindern zu tun haben. Insofern ist das Ergebnis schon beunruhigend. Wir sehen nicht nur eine Zunahme der so genannten „ADHS-Kinder“ - also von hyperaktiven und oft auch unkonzentrierten Kindern, die nicht selten Schulprobleme haben -, sondern auch Kinder mit emotionalen Problemen und leider auch viele, die im Umgang mit Gleichaltrigen Schwierigkeiten haben. Das ist jetzt schon ein großes gesellschaftliches Problem“, warnt Lang.

Neue Angebote für Kinder und Jugendliche
Um diese neuen Krankheiten frühzeitig erkennen und behandeln zu können, hat der BVKJ in Bayern gemeinsam mit den Betriebskrankenkassen ein bundesweit bisher einmaliges Angebot entwickelt, das speziell auf die seelischen und sozialen Probleme der Kinder eingeht. „ Das sozialpädiatrische Modul, das wir im Rahmen des „BKK Starke-Kids-Vertrages“ entwickelt haben, gibt uns in der Praxis die Möglichkeit, uns intensiv mit den emotionalen Problemen der Kinder zu beschäftigen und Lösungswege zu entwickeln. Ziel ist es, die Kinder zu stabilisieren – und ihnen so viel emotionale Stärke zu vermitteln, dass ein Klinikaufenthalt nicht nötig wird. Leider hat die Zahl der Einweisungen von Kindern in psychiatrische Klinikeinrichtungen in den letzten Jahren dramatisch zugenommen“, erläutert Lang. Mit der Weiterentwicklung von neuen pädiatrischen Versorgungsangeboten will der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte der Zunahme von seelischen Erkrankungen in der Praxis begegnen. „Die so genannten Selektiv-Verträge geben uns die Möglichkeit, schnell auf Veränderungen bei der medizinischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen zu reagieren. Natürlich steigen damit auch die Anforderungen an unser Fachgebiet – und genau deshalb setzen wir bei unseren Fortbildungsveranstaltungen entsprechende Schwerpunkte“, so Lang weiter.