Eine grundsätzliche Routineimpfung aller Stillenden wird derzeit auch auf Basis der aktuell limitierten Impfstoffressourcen mehrheitlich von den Fachgesellschaften nicht empfohlen [2, 3]. Die Ständige Impfkommission (STIKO) hält es jedoch für unwahrscheinlich, dass eine Impfung der Mutter während der Stillzeit ein Risiko für den Säugling darstellt [3, 4]. Auch die Society for Maternal Fetal Medicine (SMFM) sieht keinen Grund zu der Annahme, dass der Impfstoff ein Sicherheitsrisiko in der Stillperiode für Mutter und/oder Säugling darstellt [5]. Ein biologisch nachvollziehbarer Mechanismus, der Schaden verursachen könnte, ist derzeit nicht bekannt [6]. Zum jetzigen Zeitpunkt liegen jedoch keine aussagekräftigen Studien zum Übertritt von Impf-Bestandteilen in die Muttermilch vor [4].
„Eine grundsätzliche Routineimpfung aller Stillenden wird derzeit auch auf Basis der aktuell limitierten Impfstoffressourcen mehrheitlich von den Fachgesellschaften nicht empfohlen.“
Prof. Dr. Michael Abou-Dakn, Vertreter der AG für Geburtshilfe und Pränatalmedizin (AGG) im DGGG-Vorstand.
Der Schutz vor einer SARS-CoV-2-Infektion für die stillende Frau ist mit dem gleichen hohen Wirkungsgrad der Impfung anzunehmen, wie dies in den bisherigen Studien für nicht- stillende Frauen gezeigt werden konnte, auch wenn detaillierte Angaben hierzu fehlen [5]. Vor allem bei persönlichen, durch Komorbiditäten oder Exposition bedingten Risiken für einen schweren COVID-19-Verlauf wie vorbestehende Herz-Kreislauf-Erkrankungen, chronische Lungenerkrankungen, Autoimmunerkrankungen und ein geschwächtes Immunsystem sowie Diabetes, Hypertonie und Adipositas überwiegt der potenzielle Nutzen der Impfung die theoretischen Bedenken hinsichtlich der Sicherheit der Impfung deutlich [1,2].
Es gibt Einzelberichte von schweren oder kritischen COVID-19-Fällen bei Kindern unter 12 Monaten [8, 9], auch wenn Säuglinge per se keine höhere Infektionswahrscheinlichkeit aufweisen und Infektionen häufig asymptomatisch oder mild verlaufen [10, 11]. Durch Immunisierung der Mutter kann jedoch das Risiko für eine kindliche Infektion minimiert werden. Durch Impf-Immunisierung gebildete Antikörper stellen nach Sezernierung in die Muttermilch einen potenziellen Infektionsschutz des Säuglings dar. Es konnten virus-spezifische IgA- [12], IgM- und IgG-[13, 14]Antikörper gegen SARS-CoV-2 in Muttermilch von Frauen mit aktiver oder durchgemachter SARS-CoV-2-Infektion in der Schwangerschaft nachgewiesen werden. Neutralisierende Antikörper nach Infektion oder Impfung stellen zum jetzigen Zeitpunkt das beste humorale Immunkorrelat zum Schutz vor einer Infektion dar [15]. Auch wenn gesicherte Daten ausstehen, kann durch Muttermilch übertragene schützende Immunität eine passive Präventionsstrategie zum Schutz des Säuglings darstellen [16].
Daher sollten in der Beratung und Aufklärung die (potenziellen) Vorteile einer Impfung für Mutter und Säugling dargestellt und eine partizipative Entscheidungsfindung ermöglicht werden [17]. Der Entwicklungs- und Gesundheitsnutzen des Stillens sollte dabei zusammen mit dem klinischen Bedarf der Frau an einer Immunisierung gegen COVID-19 (in Abhängigkeit von Risikofaktoren für eine SARS-CoV-2-Infektion/schwere COVID-19) berücksichtigt werden, und über das Fehlen von Sicherheitsdaten für den Impfstoff bei stillenden Frauen soll informiert werden [1]. Bei erhöhtem Sicherheitsbedürfnis der Stillenden kann eine individuelle Festlegung eines still-freien Zeitraums von ein bis drei Tagen nach der Impfung in Erwägung gezogen werden. Internationale Empfehlungen sehen hier jedoch keine Notwendigkeit für die Verzögerung eines Stillbeginns, einer Stillunterbrechung oder des Abstillens nach Impfung [5,18].
Fazit: Der potenzielle Nutzen der Impfung überwiegt bei Stillenden mit erhöhtem COVID-19-Risiko die theoretischen Bedenken hinsichtlich der Sicherheit der Impfung deutlich.
Redaktion:
Für die DGPM e.V.: Dr. med. Janine Zöllkau* (Jena), PD Dr. med. Ulrich Pecks (Kiel), Prof. Dr. med. Ekkehard Schleußner (Jena)
- Für die AG Geburtshilfe und Pränatalmedizin (AGG) in der DGGG e.V.: Prof. Dr. med. Michael Abou-Dakn (Berlin), Prof. Dr. med. Sven Kehl (Erlangen)
- Für die Nationale Stillkommission (NSK): Prof. Dr. med. Regina Ensenauer (Karlsruhe), Jennifer Hilger-Kolb M.Sc. (Karlsruhe)
*Korrespondierende Autorin: <link>janine.zoellkau@med.uni-jena.de
Quellen:
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- CDC. Pregnancy in Breastfeeding - vaccines reccomendations. In; 2020
- WHO. Interim recommendations for use of the Pfizer–BioNTech COVID-19 vaccine, BNT162b2, www.who.int/publications/i/item/WHO-2019-nCoV-vaccines- SAGE_recommendation-BNT162b2-2021.1
- experts SfMFM-H-rp. Statement: SARS-CoV-2 Vaccination in Pregnancy. In; 2020
- Institute of Obstetricians and Gynecologists I. Statement Pregnancy Covid-19. In,releases; 2020
- Dong Y, Mo X, Hu Y et al. Epidemiology of COVID-19 Among Children in China. Pediatrics 2020; 145. doi:10.1542/peds.2020-0702
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Die Deutsche Gesellschaft für Perinatale Medizin e. V. (DGPM)
Die DGPM ist die älteste und mit Abstand größte Fachgesellschaft für das interdisziplinäre Gebiet „Perinatale Medizin" (Geburtshilfe/ Neonatologie und Nachbargebiete) im deutschsprachigen Raum. Sie verfolgt in erster Linie die Erarbeitung und Förderung von Fortschritten in der Wissenschaft über Schwangerschaft, Geburt und Neugeborenenperiode bei Mutter und Kind.
Die Nationale Stillkommisssion (NSK)
Hauptaufgabe der Nationalen Stillkommission ist die Förderung des Stillens in der Bundesrepublik Deutschland. Die Kommission berät die Bundesregierung, gibt Richtlinien und Empfehlungen heraus und unterstützt Initiativen zur Beseitigung bestehender Stillhindernisse. Es geht darum, strukturelle Probleme des Stillens zu erkennen und wo möglich zu beseitigen.
Die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e. V. (DGGG)
Die DGGG ist eine der großen wissenschaftlichen Fachgesellschaften in Deutschland. Sie hat sich der Stärkung der Fachgebiete der Frauenheilkunde und Geburtshilfe verschrieben und fördert das gesamte Fach und seine Subdisziplinen, um die Einheit des Faches Frauenheilkunde und Geburtshilfe weiter zu entwickeln. Als medizinische Fachgesellschaft engagiert sich die DGGG fortwährend für die Gesundheit von Frauen und vertritt die gesundheitlichen Bedürfnisse der Frau auch in diversen politischen Gremien.
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Eine gemeinsame Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Perinatale Medizin e. V. (<link https: www.dgpm-online.org _top external-link-new-window external link in new>DGPM), der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e. V. <link http: www.dggg.de _blank external-link-new-window external link in new>(DGGG) in Zusammenarbeit mit der Nationalen Stillkommission (<link https: www.mri.bund.de de themen nationale-stillkommission _blank external-link-new-window external link in new>NSK).
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