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Ranzen müssen stabil sein

Kinder sollten ihren Ranzen probeweise tragen, um zu testen, ob er für den Rücken geeignet ist, d.h. seine Passform stimmt. Liegt die Schultasche eng am Rücken, schließt die Oberkante mit dem Schultergürtel und die Unterkante mit dem Beckengürtel ab, so ist dies laut Experten günstig für die Gewichtsverteilung auf dem Rücken …

Wenn es nach den Schulanfängern geht, ist beim Ranzenkauf allein die Optik entscheidend. Experten empfehlen jedoch, genauer hinzusehen.
Denn selbst ein teures Markenprodukt ist nicht für jeden Kinderrücken geeignet. Deshalb muss das Kind den neuen Ranzen unbedingt probetragen, empfiehlt Oliver Ludwig von der Aktion „Kid-Check“ der Universität des Saarlandes in Saarbrücken. In einer Ranzenstudie wurden Schüler der zweiten und dritten Klassen beobachtet. „Wir haben festgestellt, dass nicht das Gewicht eines Ranzens, sondern die gute Passform entscheidend ist.“

„Der Ranzen muss vom Kind gut getragen werden können und eng am Rücken liegen“, ergänzt Dieter Breithecker, Sportwissenschaftler und Leiter der Bundesarbeitsgemeinschaft Haltung und Bewegung in Wiesbaden. „Im optimalen Fall schließt die Oberkante am Schultergürtel und die Unterkante am Beckengürtel ab.“ Bei den meisten Kindern gewährleistet das jedes gute Markenprodukt. Anders ist es bei sehr kleinen oder sehr großen Kindern, warnt Ludwig: „Hier muss besonders darauf geachtet werden, dass die Träger so verstellt werden können, dass der Ranzen auch wirklich da sitzt, wo er hingehört.“

Anpassung an die Wirbelsäulenform
Als sehr rückenfreundlich gelten Ranzen mit Kontur: „Die Rückwand des Ranzen passt sich der Wirbelsäulenform an“, erklärt Breithecker.
Wer im Wunsch, sein Kind zu entlasten, einen besonders leichten Ranzen kauft, erreicht oft das Gegenteil: „Sogenannte Fliegengewichte sind weniger stabil und führen damit häufig zu einer höheren Rückenbelastung als schwerere Modelle“, warnt er.

„Die meisten Schulranzen wiegen leer sowieso nicht mehr als 1,3 Kilogramm“, hat Ludwig beobachtet. Erst mit Heften, Büchern und Trinkflaschen wird der Tornister zur Last. „Besonders, wenn der Inhalt hin und her schwappt“, erläutert Prof. Fritz-Uwe Niethard, Direktor der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie am Universitätsklinikum Aachen. Beim Kauf sollten Eltern deshalb auf eine gute Innenaufteilung achten. „Schwere Bücher gehören in ein Fach nah am Rücken, die leichten Sachen in vordere Fächer“, rät Breithecker. „So wird das Hauptgewicht zentral am Rücken getragen und die Kinder rutschen nicht in eine Ausgleichshaltung.“

Individuelle Statur spielt Rolle
Doch wann lastet zu viel Gewicht auf kindlichen Schultern? Galt früher die Devise, dass Kinder nicht mehr als 10% ihres Eigengewichtes auf dem Rücken schleppen dürfen, wird heute geraten, auf die Kraft des Kindes zu schauen. Wichtige Fragen sind auch: Wie weit ist der Schulweg? Wie schwer ist das Kind selbst? „Generell empfehlen wir, dem Kind nicht mehr als 15% des eigenen Gewichtes zuzumuten“, erläutert Breithecker. „Starke oder sehr sportliche Kinder haben aber auch mit 20% kein Problem“, ergänzt Ludwig.

Das Problem haben eher Mama und Papa, beklagt Breithecker: „Um das Kind zu entlasten, wird mit dem Auto bis zur Schule gefahren und der Ranzen ins Klassenzimmer getragen.“ Doch damit tun Eltern ihrem Kind keinen Gefallen: „Der Ranzen ist ein Training für den Rücken, Kinder brauchen die Belastung, um sich optimal zu entwickeln.“

Keine Rücksäcke oder Trolleys für die Schule
Auch wenn es cool ist, den Ranzen nur einseitig zu schultern: „So drohen Fehlhaltungen“, warnt Ludwig. Das gilt auch bei Rucksäcken. Während Erst- und Zweitklässler noch auf ihren Schulranzen schwören, gilt der oft schon ab der dritten Klasse als uncool. Doch der hippe Ranzenersatz ist ungesund, warnt Breithecker: „Herkömmliche Rucksäcke bieten überhaupt keine Stabilität, und das Gewicht verlagert sich zum Gesäß.“ Rückenschmerzen oder Verformungen der Wirbelsäule können im Laufe vieler Schuljahre die Folge sein.

Doch was können Eltern tun, wenn ihr Kind unbedingt einen Rucksack haben will? „Es gibt mittlerweile ranzenähnliche Rucksäcke, die als Kompromiss in Ordnung sind“, urteilt Breithecker. Eltern sollten aber darauf achten, dass die Träger fest angepasst werden können und sich der Inhalt in stabilen Fächern verstauen lässt.

„Auch Trolleys sind völlig ungeeignet.“ Die Rollkoffer gelten zwar als praktisch, seien aber nur als Ausnahme für den Transport von Extremgewichten ratsam, sagt Niethard. „Wer immer einen Rollkoffer hinter sich herzieht, verdreht die Schulter und ist in einer ungünstigen Wirbelsäulenhaltung“, warnt auch Breithecker. Unpraktisch sind Trolleys bei Treppen oder im Bus: „Ein Trolly macht Kinder unbeweglich“, sagt Niethard.

Schulranzen sind teuer. „Unter 100 Euro bekommt man kein gutes Produkt“, sagt Breithecker. Als Kombi-Paket mit Sportbeutel und Federmappe kostet ein Ranzen rund 150 Euro. „Mehr als 200 Euro muss man aber nicht ausgeben.“ Laut Ludwig können Eltern Ranzen auch gebraucht kaufen. Von der Internetauktion lassen sie aber besser die Finger: „So kann das Kind den Ranzen nicht probetragen.“ Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn das gebrauchte Modell im Fachhandel bereits ausprobiert wurde. Oft sehr günstig gibt es gebrauchte Modelle auf Flohmärkten oder Schulbasaren. „Achten Sie aber auf die gleichen Kriterien wie beim Neukauf.“

Auch auf Sicherheit achten
„Wichtig sind Reflektoren und knallige Farben, damit Ihr Kind im Verkehr gut gesehen wird“, erklärt Dieter Breithecker von der Bundesarbeitsgemeinschaft Haltung und Bewegung in Wiesbaden. Für den täglichen Gebrauch sollte der Ranzen standfest und wasserdicht sein. Damit das Kind glücklich ist, sollte ihm der Ranzen auch gefallen.