Dass Resillienz längerfristig vor den negativen Auswirkungen schlimmer Erfahrungen in der Kindheit schützen kann, haben Forscher der Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie der Universitätsmedizin Mainz im Rahmen einer repräsentativen Erhebung in der deutschen Bevölkerung herausgefunden. Die Studienergebnisse sind in der aktuellen Ausgabe der angesehenen internationalen Fachzeitschrift "Plos One" nachzulesen.
Die seelische und gesundheitliche Entwicklung eines Menschen ist insbesondere von dessen Erfahrungen in der Kindheit geprägt. Aus vielen Untersuchungen ist bekannt, dass Kinder, die vernachlässigt, misshandelt oder missbraucht wurden, im Erwachsenenalter häufig Ängste, starkes Übergewicht, Diabetes oder auch Herz-Kreislauf-Erkrankungen entwickeln. Doch es gibt einen Schutz vor diesen negativen Spätfolgen: Resilienz. Haben die Betroffenen im Verlauf ihres Lebens gelernt, negative Ereignisse als Herausforderungen zu betrachten und diese zuversichtlich und aktiv zu meistern, dann sind sie als Erwachsene dauerhaft vor den destruktiven Auswirkungen ihrer Kindheitsbelastungen geschützt. Das ist die zentrale Erkenntnis der von Wissenschaftlern der Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie der Universitätsmedizin Mainz durchgeführten und nun veröffentlichten Studie „Childhood adversities and distress - The role of resilience in a representative sample“.
Jeder sechste der rund 2.500 Teilnehmer der Mainzer Studie berichtete den Forschern von Vernachlässigung, Misshandlung oder Missbrauch in der Kindheit. Diese, im Alter zwischen 14 und 92 Jahren befragten Menschen, litten gehäuft unter Ängsten, Depressionen und vielfältigen Körperbeschwerden. Sie lebten seltener in einer festen Partnerschaft, hatten weniger soziale Unterstützung und waren beruflich weniger erfolgreich.
Univ.-Prof. Dr. Manfred Beutel, Direktor der Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie der Universitätsmedizin Mainz, erläutert: „Die Ergebnisse unserer großen, repräsentativen Stichprobe bestätigen, dass derartige Belastungen in der Kindheit eine erhöhte Verwundbarkeit für psychische und psychosomatische Erkrankungen später im Leben nach sich ziehen - über alle Altersgruppen hinweg. Auch wenn die Kindheitsbelastungen erst im Erwachsenenalter erfragt wurden, stimmen unsere Ergebnisse gut mit zahlreichen Erhebungen im Jugendalter überein.“
„Neu ist, dass wir in dieser großangelegten Befragung neben Kindheitsbelastungen, psychischen und psychosomatischen Beschwerden auch die Resilienz erhoben haben. Unsere Daten zeigen sehr deutlich die Bedeutung von Resilienz: Resiliente Studienteilnehmer, die dazu neigten, negative Ereignisse mit Hartnäckigkeit, Zuversicht, aktivem Problemlösen und positivem Wachstum zu meistern, hatten keine erhöhten Ängste, Depressionen oder Körperbeschwerden bei vergleichbaren Kindheitsbelastungen. Resilienz erwies sich als wichtiger Schutzfaktor, der die negativen Auswirkungen der Kindheitsbelastungen gleichsam abpufferte“, so Studienleiter Prof. Dr. Elmar Brähler von der Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie der Universitätsmedizin Mainz. „Dieser Effekt ließ sich auch dann nachweisen, wenn man Alter, Geschlecht, Partnerschaft, Einkommen, soziale Unterstützung und durchgemachte Arbeitslosigkeit berücksichtigte.“
Professor Beutel ergänzt: „In der Psychotherapie beachten wir immer beides, Verwundbarkeit und Resilienz. Wir wissen, dass liebevolle, unterstützende Erfahrungen mit wichtigen Bezugspersonen in der Kindheit helfen, Selbstvertrauen und einen positiven Umgang mit Emotionen im Erwachsenenalter zu entwickeln. In unserer Klinik konnten wir zeigen, dass durch Psychotherapie im Erwachsenenalter eine stabile und vertrauensvolle Bindung zu anderen Menschen selbst dann aufgebaut und somit die Fähigkeit zur Resilienz erlernt werden kann, wenn Menschen diese wichtigen Erfahrungen in der Kindheit fehlten. Auf der Grundlage unserer aktuellen Ergebnisse wollen wir in künftigen Studien untersuchen, wie Menschen angesichts von Belastungen im Leben resilient werden und wie wir das gezielt fördern können – unabhängig vom Lebensalter.“
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(Barbara Reinke M.A., Unternehmenskommunikation, Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz)
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