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Schmerzempfinden wird im Gehirn bewertet

Bei Kindern hängt das Schmerzempfinden oft auch von der Reaktion der Eltern ab. Bewerten Eltern eine Verletzung als harmlos, mindert dies auch die Verletzung in den Augen der Kinder…

Laut Rüdiger Fabian, Präsident der Deutschen Schmerzhilfe in Grünendeich (Niedersachsen), ist Schmerz die emotionale Reaktion auf eine Bewertung im Kopf. Diese Bewertung sei bei jedem Menschen individuell steuerbar.

Vor allem bei Kindern zeigt sich, dass die Angst oft größer ist als der Schmerz selbst. Verletzen sich Kinder, hänge die Schmerzäußerung auch von der Reaktion der Eltern ab, erklärt Dr. Ulrich Fegeler Bundespressesprecher des Bundesverbands der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) in Köln. „Je lauter und kürzer das Kind schreit, umso harmloser ist in der Regel die Verletzung.“ Eltern sollten daher nicht panisch reagieren, wenn sich das Kind einmal verletzt, rät Fabian. „Zuversicht gibt dem Kind das Gefühl, dass die Verletzung nicht schlimm ist.“ Das mindere den Schmerz oft schon erheblich.

Der Weg des Schmerzreizes gibt Aufschluss darüber, warum jeder Mensch Schmerz anders wahrnimmt. Reizrezeptoren geben das Signal an das Rückenmark, erklärt Prof. Rolf-Detlef Treede, Präsident der Deutschen Gesellschaft zum Studium des Schmerzes (DGSS) in Boppard (Rheinland-Pfalz). Das zentrale Nervensystem leite den Schmerzreiz an das Gehirn weiter. Dort werde das Signal unterschiedlich verarbeitet.

„Das Gehirn muss entscheiden, was wichtig ist und was nicht“, erklärt Fabian. Schmerz sei ein biologischer Schutzmechanismus, dessen Signal auf seinem Weg ins Gehirn immer Vorrang vor anderen Reizen bekommt.
Der Schmerzreiz lässt sich aber schon auf dem Weg dorthin beeinflussen - zum Beispiel durch Medikamente. Das weiß jeder, der zum Zahnarzt geht, sagt Treede. „Die lokale Betäubung verhindert, dass der Schmerz das Gehirn erreicht.“

Wichtiger ist allerdings die Verarbeitung des Schmerzreizes im Gehirn selbst - denn hier nimmt nicht nur die Narkose Einfluss. „Das Gehirn kann lernen, dass ein bestimmter Schmerz nicht so wichtig ist“, erklärt Treede. Schürft sich jemand den Arm auf, sähe das meist schlimm aus - der Betroffene wisse aber, dass die Verletzung harmlos ist. Das Gehirn reagiere auch mit Gewöhnung auf Schmerz. „Es gewöhnt sich zum Beispiel irgendwann an die heiße Kaffeetasse am morgen.“ Wie man den Schmerz bewertet, könne trainiert werden, so auch Prof. Walter Zieglgänsberger vom Max-Planck-Institut für Psychiatrie in München. Dafür müssten Schmerzpatienten aber selbst aktiv werden.