„Insbesondere bei Mädchen kann dies als Hilferuf gedeutet werden, ähnlich wie bei selbstverletzendem Verhalten. Selbsthass, Suche nach Aufmerksamkeit, depressive Symptome oder Selbstmordgedanken sind häufig damit verbunden. Der Wunsch, dass andere ihnen gegen diese Anschuldigungen helfen und sie unterstützen, kann dahinter verborgen sein. Oft sind Betroffene auch selbst Mobbingopfer“, beschreibt Dr. med. Dipl.-Psych. Harald Tegtmeyer-Metzdorf vom Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) das Phänomen.
Das Verhalten aufzudecken, ist sehr schwierig, da es mit starken Schamgefühlen verbunden ist und im Geheimen geschieht. Niemand will dabei entdeckt werden. Bislang ist noch nicht umfassend und sicher geklärt, was Teenager dazu bewegt, sich selbst online zu mobben. Doch vermuten Experten, dass digitale Selbstverletzung zumindest zum Teil Ähnlichkeiten mit körperlichem selbstverletzendem Verhalten wie Ritzen aufweist: Es ist ein Mittel, um mit psychischen Schmerzen und Problemen umzugehen und dient u.a. vermutlich dazu, eine Bestätigung zu erhalten, wenn Gleichaltrige sie oder ihn gegenüber Beleidigungen im Internet verteidigen, oder im Gegenteil, um im schlechten Selbstbild bestätigt zu werden. „Wenn Eltern von ihrem Kind erfahren, dass es über soziale Medien gemobbt wird, sollten sie nicht zögern, eine gründliche Untersuchung einzuleiten, um den Ursprung des Cybermobbings aufzuklären. Wenn Erziehungsberechtigte aber feststellen, dass ihr Jugendlicher sich zusätzlich selbst online beschimpft hat, dann sollten sie es als Hilferuf verstehen und umgehend geeignete Maßnahmen ergreifen, um die negative Entwicklung zu stoppen. Der Jugendarzt kann Eltern dabei unterstützen“, rät Dr. med. Dipl.-Psych. Tegtmeyer-Metzdorf.
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